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Ich habe in diesem Blog schon öfter darüber geschrieben, wie sich die Unternehmensnachfolge auf Deine Arbeit auswirkt. Das ist natürlich nicht darauf beschränkt. Denn auch auf Dein Privatleben übt Deine neue Rolle einen Einfluss aus.

Dabei sehe ich drei Hauptthemen: Den Unterschied zwischen Arbeitnehmer und Unternehmer, die Auswirkungen auf Freundschaften und die Folgen für Deine Familie. Eines ist dabei klar – das sind alles meine Erfahrungen. Es kann bei Dir völlig anders aussehen.

Unterschiede zum Arbeitnehmerdasein

Im vergangenen Jahr war ich öfter krank. Tochter in der Kita bedeutet, dass sie vieles von dort mitbringt. Das blieb nicht ohne Auswirkung auf mich oder meine Familie. Nur gibt es für Unternehmer keine Krankenscheine. Das klingt erst einmal banal, ändert für Dich aber sehr viel. Es ist manchmal nicht die Frage, ob Du arbeiten kannst, sondern ob Du es musst. Umgekehrt gilt das natürlich auch, wenn alles super läuft, kannst Du auch kürzer treten.

Ich habe ein tolles Team, was mich nach Kräften unterstützt. Und dennoch blieb es nicht aus, dass ich des öfteren krank im Büro saß. Überhaupt, Deine Zeiten sind einfach nicht klar umrissen. Das ist kein Nachteil, denn es ist ja auch im Trend, zeitlich und örtlich flexibel zu arbeiten. Allerdings bedeutet es oft auch Missverständnisse in der Kommunikation: „Kannst Du nicht mal abschalten?“. Damit, und mit den Reaktionen anderer darauf, musst Du klarkommen. Ein Geschäftsführervertrag hat keine Wochenstundenzahl. Zu Deinem Job gehören viele Termine in Zeiten, die andere klar als Freizeit deklarieren.

Du genießt auch keinen Schutz durch die Arbeitslosenversicherung. Das macht vielleicht im ersten Augenblick Angst, allerdings darfst Du Dich natürlich auch fragen, wer denn tendenziell zuletzt entlassen wird. Dein Gehalt ist frei definierbar – in aller Regel unterliegt es aber natürlich den Grenzen von Leistungsfähigkeit des Unternehmens, Anstand und Moral und den Anforderungen des Finanzamts (zu niedrig darf es spannenderweise auch nicht sein, zu hoch ebenfalls nicht). Und nicht zuletzt ändert sich die Wahrnehmung durch andere, sowohl intern als auch extern. Öffentlich sind mit Unternehmern viele Vorurteile verbunden, manche zu Recht, andere zu Unrecht. Darüber habe ich schon einmal gebloggt. Aber auch intern kann es neue Herausforderungen geben. Ich werde von denen, die meinen Vorgänger noch erlebt haben, oft darauf angesprochen, dass ich oft nicht da sei. Ja, und das halte ich für richtig und notwendig! Der Unterschied liegt darin, wie ich meine Aufgaben und Ziele sehe.

Auswirkungen auf Freundschaften

Vorab, ich habe das große Glück, tolle Freunde zu haben, deshalb hielten sich die Auswirkungen in Grenzen. Deutlich beobachtbar waren und sind sie trotzdem

Also, was habe ich konkret erlebt:

Ich habe Freunde verloren. Nicht direkt, also mit der Ansage „Mit Dir Unternehmer will ich nichts mehr zu tun haben“, aber indirekt schon. Die Lebensrealitäten waren immer weiter voneinander entfernt und beide Seiten haben ihre Kommunikation dem nicht angepasst. Es ist verführerisch einfach zu glauben, dass der Gegenüber einen schon so versteht, wie man es meint – oder im Umkehrschluss, dass der Gegenüber schon merkt, wenn mir was nicht passt. Ohne darüber zu sprechen, vor allem rechtzeitig zu sprechen, kann dieser Mangel an Kommunikation zu einem Mangel in der Beziehung werden. Mir ist es passiert. Ich habe nicht wahrgenommen, dass meine Kommunikation sich einerseits nicht ähnlich weiter entwickelt hatte wie mein Leben, andererseits dass es Bedarf gegeben hätte, die “Wellenlängen” öfter aufeinander anzupassen (und dass das möglich ist, wenn man die Arbeit investiert). Im Ergebnis wurde mir von einem langjährigen Freund, der sogar mein Trauzeuge war, die Freundschaft aufgekündigt. Dieser Verlust tut mir auch heute noch unverändert weh.

Ich habe auch Freunde gewonnen. Als Unternehmer lernt man im Rahmen des Networking viele Menschen kennen. Viele, die allermeisten, bleiben dabei eben genau das, nämlich Netzwerk. Einige wenige werden zu neuen Freunden. Und diese sind doppelt wertvoll. Einmal, weil Freunde generell wichtig sind, und weil sie Deine Lebensrealität kennen. Das Gespräch mit Ihnen ist oft leichter, da bestimmte Prämissen nicht erklärt werden müssen und sie Aussagen einzuordnen wissen

Neue Perspektiven in alten Freundschaften

Mit vielen langjährigen Freunden, die selbst Angestellte sind, ändert sich die Form des Gesprächs. Auch hier, wieder meine ganz persönliche Erfahrung – man spricht ja unter Freunden oft von der Arbeit. Dieses Gespräch wird, wenn Du Nachfolger und Unternehmer bist, für Dich dann anders sein, als es vielleicht vorher war. Das beginnt bei ganz kleinen Dingen. Dadurch, dass Du die Arbeitgeber-Position einnimmst, siehst Du manche Themen eben aus einer anderen Perspektive, bei denen man vorher einfach gemeinsam eine Position hatte. Das können Kleinigkeiten sein (Krankenscheine, Urlaubsplanung, Vorgesetztenkritik….). Ich habe es eingangs erwähnt, ich habe das Glück, tolle Freunde zu haben, die mir im Laufe der Zeit auch einige Streitgespräche dazu nachgesehen haben. Es dauert eine Weile, bis man sich eingespielt hat. Mir hat es geholfen, manchmal, sogar oft, gar nicht mehr über meine Arbeit zu sprechen, sondern nur Feedback zu geben. Das hat viele Auseinandersetzungen erspart. Umgekehrt muss ich insbesondere meinen engsten Freunden da ein Kompliment machen. Nachdem ich das einfach mal angesprochen habe, haben sie sich größte Mühe gegeben, darauf einzugehen und die verschiedenen Perspektiven wahrzunehmen. Es lohnt also sehr, wenn Du auf die Meta-Ebene gehst und über diese Perspektiven sprichst, bevor Ihr zu den Inhalten zurückkommt.

Die Gesamtzahl aller Bekanntschaften wird, außerhalb des reinen Networkings, geringer. Alleine, weil Deine Zeit begrenzt ist. Das gleiche gilt für gemeinsame Hobbys und Events. Natürlich, wenn Du mal richtig erfolgreich bist, und Dutzende oder gar hunderte Menschen für Dich arbeiten, Du keine operativen Aufgaben mehr hast, ist das vielleicht anders. Die allermeisten Nachfolger haben diese Situation aber nicht gleich, sondern erarbeiten sie sich über Jahre. Und bist dahin steckt viel Arbeit darin. Ich kann nur empfehlen, hier gegenzusteuern, indem Du gezielt Zeiten im Voraus blockst und mit Deinen Freunden wenige, dafür schöne Events machst.

Auswirkungen in der Familie

Die Unterschiede zum Arbeitnehmertum haben natürlich auch Auswirkungen auf die Familie.

Die erste ist keine Überraschung: Im Zweifel wird Deine Familie zurückstecken müssen, wenn etwas brennt oder kritisch ist. Dich fängt eben, wie eingangs erwähnt, keine Versicherung auf und Deine Aufgaben kannst Du auch nicht immer delegieren. Manches kannst nur Du machen. Und das passiert im Zweifel in der Zeit, in der Dein Team zu Hause bei der Familie ist.

Daraus resultiert natürlich, dass Deine Partnerschaft anders funktioniert. Dazu gab es bei Follow-Up.fm bereits eine Episode mit meiner Frau. In jedem Fall erfordert es sehr viel mehr Absprachen einerseits, und Flexibilität andererseits. Es ist Reiz und Fluch zugleich, zumindest aus Perspektive des Familienlebens, dass Du als Nachfolger jeden Tag neue Dinge erlebst.

Die gleichen Diskrepanzen in der Perspektive, wie ich sie auch bei den Freunden beschrieben habe, gelten natürlich auch für die Familie. Da tun sie nur noch mehr weh. Wenn also in Deiner Familie vor allem Angestellte sind, können Gespräche ähnliche Verläufe annehmen. Dazu kommt, speziell bei Nachfolgern, noch oft die Aussage, dass „Nachfolge ja einfach ist“. Über diesen Mythos habe ich schon einmal ausführlicher gesprochen.

Zeitsouveränität geht in beide Richtungen

Es gibt natürlich auch Vorteile: Wenn es läuft, kannst Du Deine Zeit viel freier einteilen. Kind in die KiTa oder Schule bringen? Das ist unter Umständen viel einfacher, als für Angestellte. Das erweckt natürlich auch manchmal falsche Erwartungshaltung. In der vergangenen Woche hattest Du die Möglichkeit, jeden Abend da zu sein und die Kinder zu betreuen – das kann in der kommenden Woche aber völlig anders aussehen. Die Kommunikation innerhalb der Familie wird zur Herausforderung. Eine, die ich auch noch nicht zufriedenstellend gelöst habe.

Du wirst manchmal nicht schlafen oder abschalten können. Das klingt jetzt vielleicht für viele bitter oder nicht nachvollziehbar. Oft wirst Du Dir den Montag herbeisehnen oder nachts aufstehen und arbeiten. Die Diskrepanz zwischen dem Wissen, was alles ansteht und an Zielen erreicht werden soll und der gleichzeitigen Erwartungshaltung an ein „normales“ Familienbild kann oft groß sein. Es ist eben kein „normales“ (im Sinne von wie es dir Mehrheit der Menschen hat) Leben, das Du führst.

Bestimmte gesellschaftliche Konventionen wirst Du vermutlich verletzen. Beispiele dafür sind Elternabende und Co. – Ja, es mag wünschenswert, richtig und wertvoll sein, daran teilzunehmen, oder Dich in Vereinen zu engagieren. Zumindest solange Du noch operative Aufgaben hast, ist das meistens nicht möglich. Ich habe es bis heute nicht geschafft, und sehe dafür auch in absehbarer Zukunft keine Möglichkeit – neben Unternehmen, Familie, Ehrenämtern bei IHK, SOG, WJ und Familienunternehmern, zwei Podcasts und einem Blog. Manche dieser Dinge sind obligatorisch. Du brauchst also eine Familie, die Dich unterstützt.

Mach es trotzdem

Nachfolger und Unternehmer sein ist toll. Und es ist ein großer Unterschied zu den meisten anderen Menschen (zumindest noch). Dieser Unterschied beeinflusst Dein Privatleben u. U. massiv. Dein Freundeskreis und Deine Familie müssen sich neu mit Dir arrangieren. Und Du mit ihnen.

Mein Tipp: Sprecht viel über die Metaebene, über die Art, wie Ihr kommunizieren wollt, wo Ihr Herausforderungen seht, und so weiter. Das kann einige der gröbsten Schwierigkeiten verhindern. Akzeptiert, dass das Bild, das Menschen von Unternehmern haben, in vielerlei Hinsicht von Unwissen geprägt ist. Du kannst Dich damit arrangieren oder versuchen, es zu ändern. Ich habe mich für letzteres entschieden, deshalb podcaste und blogge ich über das Thema. Ich würde aktuell mit niemand tauschen wollen und hoffe, dass ich etwas von meiner Begeisterung weitergeben kann – ich möchte Dir aber auch ein realistisches Bild vermitteln.