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Zum ersten Mal seit Jahren hat es etwas länger als zwei Wochen gedauert, bis ich blogge. Das hat einen simplen Grund: Ich war nicht da. Stattdessen hatte ich, kurz hintereinander, meine nachgeholte Hochzeitsreise und die JCI Europakonferenz in Oulu, Finnland.

Andere Länder, andere Kultur

Meine Hochzeitsreise ging nach Bali. Mit 16,5 Stunden reiner Flugzeit die mit Abstand längste Reise, die ich je gemacht habe. Und sie war den Aufwand wert. Bali ist faszinierend. Obwohl es zu Indonesien gehört, ist es mehrheitlich hinduistisch geprägt. Das bedeutet, dass überall Tempelanlagen sind und Religion im Alltag der Menschen eine erhebliche Rolle spielt. Das zu erleben, die Unterschiede wahrzunehmen, das ist gut für den Kopf.

Tempelanlage auf Bali

Tempelanlage auf Bali (Pura Besakih)

Was ebenfalls auffällig war, ist die Gastfreundschaft. Die Freundlichkeit der Menschen ist absolut überragend. Gegen Ende des Urlaubs war ich sogar so weit, dass ich mich nach einem guten alten deutschen Anschnauzen gesehnt habe 😉

Leckeres Essen gehört dazu

Ich interessiere mich, wie viele wissen, auch immer für Kulinarik. Und da sind wir komplett verwöhnt worden. Zumindest wenn man gerne würziger isst. Auf einer Insel ist es immer ratsam, Fisch und Meeresfrüchte auszuprobieren, wenn man zu Hause eher weit entfernt von jedem Meer lebt. Mein Favorit war ein Baramundi in scharfer Soße, den ich sogar mehrmals gegessen habe.

Fischgericht

Baramundi mit Reis auf einem Bananenblatt

Aber auch außerhalb der Hotels war das Essen faszinierend. Wir waren mit JCI Bali unterwegs, als wir in einem kleinen Restaurant, irgendwo im nirgendwo, Halt gemacht haben. Dort gab es das traditionelle balinesische Mittagessen: “Suckling Pig”. Das ist für uns nichts unbekanntes, denn es handelt sich um Spanferkel, wenn auch etwas anders zubereitet. Dazu gab es eine wunderbare Suppe mit Bananenstaude, die sehr scharf, aber auch sehr lecker war. Ein absolutes Erlebnis.

Suckling Pig

Traditionelles balinesisches Lunch: Spanferkel, Suppe und Reis

Aber nur wegen des Essens und einiger Tempel fliegt man nicht so weit.

Traumhafte Landschaften, wunderbare Tiere

Eine Sache, die mir in Deutschland nicht begegnen wird, ist echter Dschungel. Das war auch eines meiner Highlights, denn diese Landschaft ist wunderschön und faszinierend.

Blick über den Dschungel und die Hotelanlage

Fluss Mittel im Dschungel

Was die Tiere angeht, gab es einiges zu sehen. Affen, Geckos, riesige Schmetterlinge und vieles mehr. Ein Highlight konnte ich mir allerdings nicht entgehen lassen: Meine absoluten Lieblingstiere.

Elefanten in Masons Elephant Park

Vier Stunden habe ich bei diesen sanften Riesen verbracht und viel gelernt. Ein tolles Erlebnis.

Es gab natürlich noch viel mehr außer Kultur

Natürlich war das nicht alles. Es geht mir nur darum zu erklären, warum mein Blog ein wenig gelitten hat, nicht Kultur zum neuen Thema des Blogs zu machen. Es gäbe auch noch viel mehr zu erzählen, von Reisterrassen, dem GWK Park, spannenden Gesprächen, dem unglaublichen Verkehr, Schnorcheln… aber das würde den Rahmen sprengen.

Was ich allerdings in meinem nächsten Beitrag aufgreife, sind die Bücher über Leadership, die ich in dieser Zeit gelesen habe. Da waren einige Highlights dabei, die in diesem Blog Platz finden sollten, wie schon andere Empfehlungen zuvor.

Der dritte und abschließende Teil meiner kleinen Serie, in der ich auf prägende Fehlschläge und Erkenntnisse eingehe – auf dass Du aus meinen Fehlern lernen kannst. Und es ist vielleicht der wichtigste Teil, denn es geht um das (bewusste oder unbewusste) Vermeiden von Entscheidungen.

Heute protze ich rum, aber eigentlich bin ich erst kürzlich schlauer geworden

Ich vermute, jeder kennt das Thema von Selbst- und Fremdbild. Mein Selbstbild basiert, zu großen Teilen, darauf, dass ich mich als schneller Entscheider begreife. Und als entscheidungsfreudig. Umso schmerzhafter ist es, wenn die Erkenntnis reift, dass dem eigentlich nicht so ist.

Lass mich von vorn beginnen: Wie Du vielleicht weißt, habe ich mein Unternehmen nach dem Tod meines Vaters übernommen. Es war damals in einem absolut kritischen Zustand. Darüber habe ich ja schon oft berichtet. Ohne in die Details einzusteigen, man kann sagen, wir waren so gut wie insolvent.

Es hat Jahre gekostet, uns von unten der Nulllinie anzunähern und sie dann zu überschreiten. Mittlerweile ist sie deutlich überschritten. Alles super, oder?

Nun, ganz so einfach ist es nicht. Das hat etwas mit dem Thema Kultur zu tun. Und die frisst, bekanntermaßen, die Strategie zum Frühstück.

Auch Tote haben lange Einfluss

Die letzten Jahre vor dem Tod meines Vaters ging es stetig bergab. Das hat Folgen auf alle, die es erlebt haben, darunter mich. Das Überleben wurde der hauptsächliche Entscheidungszweck. Jede Option wurde daraufhin geprüft, bewusst und unbewusst, ob sie dem Überleben dient. Andere Optionen wurden ausgeblendet.

Die Folge war, dass wir gut darin waren, schnelle Entscheidungen zu treffen und auch kurzfristig immer bessere Ergebnisse zu erzielen. Diese Art des Denkens wurde belohnt. Mit finanziellem Erfolg, mit Wachstum, alles Dinge, die großen Spaß machen.

Allerdings muss man immer im Hinterkopf behalten, dass Kultur nicht das definierte, sondern das gelebte ist. Meine Wunschkultur habe ich, mit einem Jahr Arbeit, definiert und war auch der Meinung, dass der Weg zu ihrer Realisierung gut voranschritt. Das ist auch keine falsche Beobachtung, vieles ging und geht in die richtige Richtung.

Was ich dabei übersehen habe, ist wie unbewusst der Modus Operandi “Überleben” zu jeder Zeit aktiv war. Selbst, als es Zeit und Gelegenheit gab, von Überleben zu Steuern zu wechseln, lag der Schwerpunkt auf dem gelernten Modus. Noch schlimmer, ich habe mir eingeredet, dass ich ja steuere – und parallel dazu Entscheidungen getroffen, die aus dem Überlebensmodus stammen.

Es braucht Input von außen

Wie so oft im Leben ist man selbst blind für vieles. Erst die Hilfe von außen, kombiniert mit intensiven Gesprächen und Nachdenken mit meinen Führungskräften, hat dazu geführt, dass ich umdenken konnte.

So entstand im vergangenen Jahr eine echte Strategie. Ein Plan, der nicht nur pro forma die kommenden fünf Jahre enthält, sondern wirklich ein Ziel definiert und die Maßnahmen darauf ausrichtet. Ein Plan, der auch die Möglichkeit des Scheiterns akzeptiert und einplant.

Ohne die viele Vorarbeit an anderen Stellen (Datenerhebung, Kennzahlenanalyse, Coaching und Co), die ebenfalls in den letzten Jahren viel Zeit gebraucht hat, wäre es aber auch nie möglich gewesen. Ehrlicherweise muss ich aber sagen: Das ist die Infrastruktur. Die Erkenntnis, die Entscheidung, die muss in Dir selbst reifen. Wieder ein guter Grund, Mentoring als das zu sehen, was es ist: Essentiell wichtig!

Meine Learnings für Dich

Eigentlich habe ich den idealen Zeitpunkt verpasst, den Modus Operandi zu wechseln. Der wäre gewesen, als wir saniert waren – zu diesem Zeitpunkt hätte ich die Steuerung ergreifen müssen. Ich war aber noch nicht so weit, und in den guten Ergebnissen meiner kleiner Entscheidungen gefangen. Nun ist es deutlich später – und wir müssen das beste daraus machen.

Die wichtigste Erkenntnis ist aber eine andere: Holt Euch Hilfe! Der Blick von außen, nicht coachend sondern begleitend, ist unendlich wichtig. Gemeinsam kann man all die Erkenntnisse und das Wissen erarbeiten, die für echte Entscheidungen notwendig sind.

Dabei ist es ebenso wichtig zu verstehen, wieviel Einfluss Geschichte und Kultur einer Organisation auf aktuelle Entscheidungen haben. Meine Erkenntnis: Mehr als uns jemals bewusst ist. Eine neue Kultur schaffen ist ein Marathon, kein Sprint.

Eine neue Kultur schaffen ist ein Marathon, kein Sprint. Share on X

Und mit dieser Erkenntnis beende ich diese kleine Serie.

In einer Welt des permanenten Wandels ist die Fähigkeit zur Anpassung und Selbstreflexion für Führungskräfte nicht nur wünschenswert, sondern unabdingbar. Doch wie gelingt der Übergang von einer spezialisierten Fachkraft zu einer Führungsposition, die sowohl technische als auch unternehmerische Visionen vereint?

Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, haben wir ein außergewöhnliches Gespräch geführt: ein Interview, das nicht in herkömmlicher Weise entstanden ist. Zwei renommierte Unternehmer und Executives, Philipp Deutscher und Jan Hossfeld, teilen ihre Einsichten und Erfahrungen in einem Interview, das von einer Künstlichen Intelligenz moderiert wurde. 

Den ersten Teil des Interviews findest Du unter diesem Link.
The English version can be found here.
Der heutige Teil beschäftigt sich mit den Themen Leadership, Management und Kultur. Dieser Beitrag ist Teil einer 5-teiligen Reihe, die Einblicke in die Entwicklung von Führungskompetenzen, die Bedeutung von Selbstverständnis und die Herausforderungen moderner Leadership-Rollen bietet.

Themenbereich Klassische Leadership Skills

  1. Welche klassischen Leadership-Fähigkeiten halten Sie für unverzichtbar für einen Executive?

Philipp Deutscher: „Kommunikationsfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit und Empathie sind essentiell für jede C-Level Rolle. Auch und gerade besonders für einen CTO.“

Jan Hossfeld: „Reflexion! Es gibt eigentlich nichts wichtigeres. Und am besten kombiniert man die mit Neugier und Spaß am Lernen. Dazu gehört auch eine gute Fehlerkultur mit sich selbst, denn Fehler werden passieren. Ohne diese Skills kann man vielleicht ein Manager sein, aber kein Leader.“

  1. Wie haben Sie diese Fähigkeiten in Ihrer eigenen Karriere entwickelt und angewendet?

Philipp Deutscher: „Anfänglich hauptsächlich durch Learning by Doing. Das Verständnis für diese Fähigkeiten und deren Bedeutung hat sich erst im Laufe der Zeit entwickelt. Am Anfang stand der Wille Verantwortung zu übernehmen. Allerdings ohne die richtigen Werkzeuge dafür zu haben. Man hat sich anhand der erfüllten oder nicht erfüllten Erwartungen entlang gehangelt und daraus gelernt. Erfahrungen führen zu Erkenntnis. Und Erkenntnis ist die Grundlage für Verständnis. Später wurde diese Entwicklung dann strukturierter und zielgerichteter. Wenn ich meine Leadership Fähigkeiten und Entscheidungen von vor 10 Jahren mit heutigem Wissen und Verständnis beurteilen würde, müsste ich jedes Mal die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Dabei gehört das zur Entwicklung mit dazu.“

Jan Hossfeld: „Lernen durch Schmerzen ist sicher ein Thema. Ich habe jede Menge Fehler gemacht. Mit der Zeit habe ich gelernt, dabei gnädiger mit mir selbst zu sein. Dabei half mir ein jahrelanges, heute noch laufendes, Mentoring. Ein guter Mentor ist emotional nicht involviert und kann daher helfen, die Sache von der Emotion zu trennen. Danach kann man die Emotion akzeptieren lernen, und die Sache verbessern. Was mir auch extrem wichtig ist, für mich selbst und meine zweite Führungsebene, ist die Fortbildung. Ich besuche so viele Vorträge, Trainings und Coachings wie es nur geht. Natürlich wiederholen sich manche Dinge – aber wenn ich offen bleibe, werde ich bei jedem Event etwas wertvolles mitnehmen. Und damit das nicht verloren geht, ist das Journaling nützlich, denn wenn ich Dinge schriftlich verarbeite und das nochmal reflektiere, bleibt es in meinem Gedächtnis.“

Themenbereich Leadership vs. Management

  1. Wie unterscheiden Sie zwischen Leadership und Management in der Rolle eines CTO?

Philipp Deutscher: „Ich manage Projekte und führe Teams und Individuen. Wobei das schlecht formuliert ist, denn eigentlich bedeutet Leadership nach meinem Verständnis nicht ‚ich führe‘, sondern ‚ich gebe eine Richtung vor‘. Es geht um Richtung, um Empathie und um indirekte Einflussnahme. Management auf der anderen Seite hat viel mit Planung und Organisation zu tun. Mit Kontrolle und Problembehandlung. Beides ist notwendig in der Rolle eines CTOs.“
Jan Hossfeld: „Leadership habe ich ja schon beschrieben. Besonders wichtig dabei ist es, dass ein guter Leader sich dadurch auszeichnet, dass die Menschen bei ihm wachsen können, in Breite, Tiefe und Höhe (das meine ich natürlich nicht physisch). Managementkompetenz ist dennoch erforderlich. Zahlen, Daten, Fakten und Prozesse sind hilfreich, solange man darauf achtet, dass sie nicht zum Selbstzweck werden. Auch hier ist Reflexion ein Schlüsselskill: Wenn man die monatsweise erhobenen Zahlen nie angesehen, sondern nur abgelegt hat, sind sie vielleicht nicht wichtig.“

  1. Können Sie ein Beispiel geben, wo Sie als Executive mehr Leader als Manager waren?

Philipp Deutscher: „Eigentlich jedesmal wenn man sich auf die menschlichen Aspekte der Führung konzentriert. wie das Inspirieren und Motivieren von Mitarbeitern und das Setzen einer strategischen Richtung. Management befasst sich mit den organisatorischen und prozessorientierten Aspekten, wie Planung, Budgetierung und Kontrolle. Beide Rollen sind für den Erfolg einer Organisation entscheidend, und die besten Führungskräfte verfügen über Fähigkeiten sowohl im Bereich Leadership als auch im Management und verstehen sehr gut, wann sie welche einzusetzen haben.“

Jan Hossfeld: „Ich versuche es immer im Recruiting zu sein. Wir haben erstaunlich viele ‚kaputte‘ Lebensläufe, teilweise ganz ohne formellen Abschluss, im Team. Und dass diese Menschen heute wertvolle Fach- und Führungskräfte sind, beginnt im Recruiting. Ich habe also mit der Zeit definiert, was meine Werte genau sind. Auf diese achte ich in den Menschen, die vor mir sitzen. Aber: Wir stehen alle auf den Schultern von Riesen, dank vieler guter Ratgeber und Vorträge habe ich auch da Werkzeuge entliehen. Ich versuche zum Beispiel, dank eines Tipps von Heiko Banaszak, immer genau hinzuhören, wie jemand die Brüche im Lebenslauf beschreibt – sind es die Umstände, die anderen gewesen? Oder war es eigene Entscheidung? Das ist eines von vielen Kennzeichen für jemanden, der oder die bereit ist, Verantwortung zu übernehmen.“

Themenbereich Kultur als Gamechanger

  1. Inwiefern beeinflusst die Unternehmenskultur die Effektivität eines Executive?

Philipp Deutscher: „Die Unternehmenskultur beeinflusst die Effektivität jeder Führungskraft. Von Team Lead bis hin zum CEO. Es ist die Gesamtheit der gemeinsamen Werte, Normen und Praktiken und damit ein maßgeblicher Treiber von Effizienz und Effektivität.“

Jan Hossfeld: „Die Unternehmenskultur beeinflusst schlichtweg alles! Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass die Kultur eines Unternehmens darin besteht, was wie getan wird, nicht daraus, was irgendwo geschrieben steht. Das ist eine meiner Lektionen der letzten Jahre. Das ist übrigens kein Argument gegen die Definition einer gewünschten Kultur. Aber eine Warnung davor zu glauben, dass die Definition alleine reicht. Es ist wichtig, die gewünschte Kultur jeden Tag vorzuleben. Erst dann finden darin Menschen die Möglichkeit, sich selbst einzubringen.“

  1. Wie gehen Sie vor, um eine Kultur zu schaffen, die Innovation und Exzellenz fördert?

Philipp Deutscher: „Will ich die Kultur verändern, muss ich Verhalten im Unternehmen ändern. Will ich das Verhalten ändern, muss ich Metriken und Kennzahlen einführen, die gewünschtes Verhalten beeinflussen und mittelfristig zu einer Verhaltens- und Kulturänderung führen. Umgekehrt gilt natürlich auch ‚You don’t improve what you don’t measure‘.“

Jan Hossfeld: „Mein Weg war augenscheinlich simpel. Ich habe mir mal die 5-7 wichtigsten Werte notiert, die ich so habe und für mein Unternehmen für wichtig halte. Das hat 5 Minuten gedauert. Danach dauerte es allerdings noch 12 Monate, genau zu definieren, was ich damit meine, wie es sich im Alltag anfühlen soll. Das ist die eigentliche Arbeit. Die wichtigste Erkenntnis: Nur weil es in Deinem Kopf logisch und klar ist, heißt das nicht, dass es das für andere auch ist.“

 


Der nächste Teil des Gesprächs erscheint in einer Woche bei Philipp Deutscher. Darin beschäftigen wir uns mit den Themen Kommunikation und Mindset im Wandel zur Führungskraft.

 

Ich habe schon öfter darüber gesprochen. Die Kultur eines Unternehmens ist immer da. Ob sie definiert ist oder nicht, spielt keine Rolle. Sie ist das, was das tägliche Miteinander im Unternehmen ausmacht. Aber als Unternehmer haben wir die Chance, auch eine gewünschte Kultur zu definieren. Nur ist der Weg dahin nicht leicht.

Werte: Fünf Minuten. Was es bedeutet: Neun Monate

Die Definition meiner gewünschten Unternehmenskultur war ein langer, oftmals frustrierender Weg. Denn er beginnt dabei, das vorhandene zu beobachten. Die Herausforderung ist es, das was passiert, auf einer Metaebene zu analysieren. Verhalten (insbesondere unter Druck), Wortwahl, Körpersprache, der Umgang mit Herausforderungen – all diese Dinge geben Aufschluss über die gelebte Kultur eines Unternehmens. Der erste Schritt auf dem Weg zur eigenen Kultur ist also mit viel Aufschreiben und Analyse verbunden.

Der zweite Schritt dagegen ist leicht. Die eigenen Kernwerte zu nennen fällt vielen Menschen nicht schwer. Das ging mir ähnlich. Die sechs bis sieben Begriffe standen nach fünf Minuten auf einem Blatt. Schwieriger war es dann, was mir meine Mentorin beigebracht hat: Das, was in Deinem Kopf klar ist, ist für Außenstehende alles. Nur nicht klar.

Definitionen wälzen

Es war immer klar, dass mir Freiheit wichtig ist. Du kannst zum Spaß den Begriff mal im Duden recherchieren, oder in Wikipedia nachschlagen – die schiere Anzahl der Definitionen alleine für einen der Werte zeigt schon, wohin die Reise geht: In die Definitionsarbeit.

Du hast die Möglichkeit, aber leider auch die Pflicht, klar zu machen, was Du darunter verstehst. Und ein simples Copy & Paste einer passenden Stelle im Duden reicht dabei leider nicht aus. Der Wert braucht auch Einordnung in den Kontext Deines Unternehmens. In den Alltag der Menschen, die ihn danach verstehen sollen.

Damit wurde aus den fünf Minuten eine mehrmonatige Arbeit. Selbst Nuancen in der Wortwahl können die Definition, die Du gibst, komplett ändern. Ich kann Dir wärmstens die Arbeit mit einem Mentor empfehlen – durch dessen Rückfragen schaffst Du viel Klarheit über das, was Du eigentlich sagen willst.

Und was bringt das uns als Team?

Die Werte alleine reichten natürlich auch nicht aus. Der dritte Teil meiner Arbeit bestand daraus, aufzuzeigen, wie sich diese Werte in der Praxis, also im täglichen Miteinander, auswirken sollen. Dazu habe ich mir Leitlinien überlegt, die aus den jeweiligen Werten resultieren, und das gewünschte Miteinander meines Teams beschreiben.

Auch dabei gab es mehrere Schleifen, bis ausreichend Klarheit geschaffen war. Damit war aber dann die Basis gelegt, um den finalen Schritt zu schaffen: Das Ziel klarmachen.

Hier hatte ich schon eine Vorstellung, da ein Thema mich seit vielen Jahren täglich begleitet: Das persönliche Wachstum. Dieses konnte ich in den Kontext meines Unternehmens einbetten und damit auch deutlich machen, welche Menschen ich für die Mitreise suche – diejenigen nämlich, die das diese Zielsetzung teilen und an ihrer Erreichung teilhaben wollen.

Wie ist der aktuelle Stand?

Das, was ich als das 11elements Manifest bezeichne, ist nun in seiner ersten Version fertig. Wenn Du es lesen möchtest, findest Du es auf meiner Firmenhomepage.

Mit dem Ergebnis der mehr als einjährigen Arbeit bin ich zufrieden. Das heißt aber nicht, dass es nicht noch Änderungen erfahren kann. Im Großen und Ganzen denke ich aber, dass damit klar wird, wie ich mir vorstelle, dass mein Unternehmen und mein Team funktionieren sollen und worauf ich besonderen Wert lege.

Die Herausforderung besteht nun darin, diesen Rahmen regelmäßig sichtbar zu machen, zum Beispiel durch die tägliche Nutzung in Führungssituationen. Er kann genutzt werden um Entscheidungen zu treffen („welche der Entscheidungsoptionen passt am besten zu unseren Werten?“), um Konflikte zu bearbeiten („das Verhalten passt/passt nicht zu unseren Leitlinien“) und um auch gegenüber Kunden das gewünschte Verhalten zu zeigen.

Das ist nämlich der finale Schritt: Konstante Nutzung, damit es sich im Unternehmen verankert. Bei dieser Aufgabe kommt den Führungskräften eine besondere Rolle zu, über die ich in meinem nächsten Blogbeitrag sprechen werde.

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Unternehmenskultur ist groß in Mode. Wer sich Firmenwebseiten anschaut, findet neben Informationen zu Produkten und Dienstleistungen fast auch immer eine Seite, die sich mit der Unternehmenskultur beschäftigt. So soll Partnern, Bewerbern und Kunden gezeigt werden, worauf das Unternehmen besonders Rücksicht nimmt, was ihm wichtig ist.

Buzzwords alleine reichen nicht

Fast immer besteht eine solche Seite aus mehreren Werten. Bekannte Beispiele sind Nachhaltigkeit, Transparenz oder Mitarbeiterbindung. Allerdings sagen diese Worte alleine noch gar nichts aus. Denn was ein Mensch darunter versteht, ist meist komplett unterschiedlich. Ob also ich, als Leser, unter Transparenz das gleiche verstehe, wie der Autor, ist völlig fraglich.

Im vergangenen Jahr habe ich mich intensiv mit unserer Unternehmenskultur beschäftigt. Wie ich schon mal beschrieben habe, ist Kultur unglaublich persistent. Sie lebt in einem Unternehmen, oftmals auch lange nachdem für die Kultur prägende Personen gar nicht mehr Teil der Firma sind. Das ist hochspannend, aber gleichzeitig auch ein wichtiger Hinweis: Kultur lässt sich nur schwer verordnen. Das Aufschreiben auf einer Webseite schafft keine Kultur.

Das gelebte beobachten

Um sich intensiv mit Unternehmenskultur zu beschäftigen, muss man erst einmal beobachten. Denn diese Kultur zeigt sich an vielen Stellen im Alltag. Wie werden Informationen genutzt? Werden sie bereitwillig geteilt? Werden Kolleginnen und Kollegen unterstützt? Wer übernimmt an welchen Stellen Verantwortung wofür?

All diese Fragen geben Aufschluss darüber, wie die Firma aktuell funktioniert und welche Werte vorhanden sind und gelebt werden.

Ich habe bei meiner Beobachtung festgestellt, dass das Unternehmen meines Vaters in kultureller Hinsicht weiterhin besteht, obwohl er seit 2010 tot ist. Das zeigte sich zum Beispiel in einer stark helfenden Kultur, die aus Zeiten stammt, in denen wir deutlich kleiner und prekärer waren. Sie zeigte sich aber auch in der relativ geringen Eigenverantwortung, da es Gewohnheit war, dass ein oder mehrere starke Persönlichkeiten einen Plan hatten, zu dem sie Aufgaben verteilt haben.

Die eigenen Werte festhalten – und definieren

Mit dieser Beobachtung konnte ich mir Gedanken machen, welche Kultur ich eigentlich genau haben möchte. Die ersten fünf bis sieben Werte standen schnell auf einem Blatt. Aber dann beginnt die eigentliche Arbeit erst. Du musst klar definieren, was Du unter einem Wert verstehst. Für jeden Begriff gibt es mehrere Definitionen. Welche Du meinst ist entscheidend dafür, wie dieser Wert sich im Alltag manifestieren soll.

Das war deutlich mehr Arbeit, als das Aufschreiben der Werte. Ein Sparringspartner hilft dabei ungemein. Wochen später konnte ich mit viel mehr Klarheit darüber sprechen, was eigentlich Verantwortung oder Transparenz für mich bedeuten. Auch das alleine reicht jedoch nicht!

Wie fühlt es sich an, diese Werte im Alltag zu leben?

Der nächste Schritt ist es klar zu machen, wie diese Werte den Alltag, die Interaktion im Team, prägen sollen. Ich habe nach der Definition deshalb insgesamt elf Leitsätze festgehalten, die das Miteinander im Unternehmen beschreiben sollen. Leider ist das auch noch kein „Mission accomplished“, sondern lediglich die Basis.

Nachdem ich mein Team mit meinem Dokument bekanntgemacht hatte, konnte ich genauer darauf achten, welche dieser Leitlinien bereits gelebte Realität sind. Und natürlich auch, wo es noch Handlungsbedarf gibt. Und hierin besteht meine Arbeit seit der zweiten Jahreshälfte 2019: Beobachten, reflektieren und mit Hilfe meines Führungsteams immer wieder Stellen zu finden, an denen die gelebte Kultur nicht der gewünschten Kultur entspricht.

Unternehmenskultur ist ein Marathon

Diese Arbeit passiert nicht von heute auf morgen. Es wird noch Monate und Jahre dauern, alles so zu etablieren, wie ich es mir vorstelle. Und neben meiner „Vorgabe“ gibt es ja noch viele kleine Bestandteile, die darin nicht vorkommen, aber durch mein Team geprägt sind. Solange sie den Leitlinien nicht widersprechen, ist das auch völlig in Ordnung – individuelle Ergänzungen dürfen und sollen Bestandteil sein. Gleichzeitig steckt aber die definierte Kultur auch einen Rahmen ab, der Orientierung gibt.

Auf mittlere Sicht möchte ich erreichen, dass die Kultur für jeden im Alltag spürbar ist, das sie Filter und Antreiber zugleich ist. Bei Entscheidungen kann sie Hilfestellung für die „richtige“ Entscheidung im Sinne des Unternehmens sein. In der Rekrutierung kann sie helfen, die richtigen Mitreisenden für uns zu finden. Im Arbeitsalltag soll sie helfen, diese zielführend und wertschätzend zu gestalten.

Die Arbeit liegt vor uns

Deshalb möchte ich in diesem Jahr noch einmal genau herausfinden, an welchen (voraussichtlich dutzenden) Stellen überall Kultur den Alltag berührt. Mit diesem Wissen kann ich weitere Stellen identifizieren, an denen ich darauf hinwirken kann, die Kultur des Unternehmens zu formen.

Es wird also auch ein hochspannendes Jahr 2020.

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