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Zeit für den versprochenen zweiten Teil der Serie “Karrierestart als Führungskraft”. Dieses Mal ist das Thema, wie man mit all dem Neuen, der Unsicherheit, umgeht, was einen erwartet.

So viel zu tun – wie fange ich an?

Wie ich schon an anderer Stelle beschrieb, prasselt auf eine Nachwuchsführungskraft viel ein. Neue Aufgaben, vielleicht auch noch die alten fachlichen Aufgaben dazu, und wenig Erfahrung im Umgang mit der Situation. Das wichtigste dabei ist Ruhe bewahren. Denn es ist wie in jedem neuen Job völlig normal, am Anfang etwas überfordert zu sein. Diese Schonfrist gilt auch für frisch gebackene Führungskräfte. Dass jemand mit zwei Jahrzehnten Erfahrung anders gemessen wird ist normal. Du, als Nachwuchsführungskraft, musst nicht direkt auf 100% Performance springen. Was aber nicht passieren sollte ist, dass Du ein Opfer der Situation bist.

Deshalb ist das wichtigste aus meiner Sicht ein Rahmen. Du brauchst eine grobe Übersicht darüber, was generell Deine Aufgaben sind. Idealerweise kannst Du diesen dann auf einen täglichen Rahmen runterbrechen. Strukturen helfen generell dabei, in hektischen Situationen den Überblick zu bewahren. Deshalb lautet mein Tipp: Schreib einfach erst mal alles auf. Ob als Liste, als Mindmap, digital oder analog, das spielt keine Rolle. Aber verschaff Dir einen Überblick. Sofern vorhanden kann eine Stellenbeschreibung sehr nützlich sein.

Wenn Du diese Übersicht hast, bewerte erst einmal, wo Du bei diesen Punkten stehst. Kennst Du die Aufgabe schon? Hast Du Erfahrung damit? Wo fehlt Dir Wissen? Das alles kannst Du in Deinen Entwicklungsplan integrieren. Und dann folgt der vielleicht wichtigste Tipp: Sprich mit Deinem Team! Was den fachlichen Teil angeht, sind diese Menschen Deine beste Informationsquelle. Du musst es nicht genauso gut können wie sie, solltest aber ein ausreichendes Verständnis aufbauen, damit Du mit Ihnen sprechen kannst. Deine erste Woche besteht also bestenfalls aus Sprechen und Hospitieren, damit Du diese Lücke schließen kannst.

An vorhandene Strukturen andocken

Im zweiten Schritt kannst Du dann erarbeiten, welche Strukturen durch das Unternehmen vorgegeben sind. Reporting ist ein guter Ansatz. Welche Zahlen und welche Informationen brauchst Du und brauchen Deine Vorgesetzten? In welchen Abständen? Das gibt Dir einen Hinweis, was Du an Datenerhebung aufbauen musst. Sofern Du Nachfolger einer Person bist, lohnt es sich auch, in deren Unterlagen zu schauen. Wenn Du auf der sprichwörtlichen grünen Wiese beginnst, umso besser – dann kannst Du es von Anfang an mit erarbeiten und bist damit automatisch der erste Experte.

Achte dabei darauf, dass Du Dich selbst nicht überforderst. Du bist in Stunde 9 und 10 eines Tages nicht effektiver oder besser. Vermutlich bist Du nur müder. Besser wäre es, eine Priorisierung in Deine Liste zu bringen. Wie oft fallen Aufgaben an? Wie dringend sind diese? Sind andere davon abhängig? Mit dieser Art Fragen kannst Du eine sinnvolle Reihenfolge schaffen.

Selbstzweifel sind normal

Auch wenn wir alle gerne Superman (oder Batman) wären, wir sind es nicht. Du wirst Fehler machen, langsamer lernen als Dir lieb ist oder Deadlines verpassen. Die Angst vor diesen Dingen ist aber meist größer als die tatsächliche Auswirkung. Und sie ist gleich doppelt schädlich, denn Angst lähmt, wodurch die Deadline noch näher rückt. Ein Mentor, innerhalb und außerhalb des Unternehmens, ein Partner, ein Freund – sie alle können Dir helfen, diese Ängste loszuwerden und in die Aktion zu kommen. Egal, ob es von Erfolg gekrönt ist, es fühlt sich besser an, etwas zu tun, als dabei zuzusehen, wie Dinge passieren.

Bei allem, was Du tust, wirst Du Fehler machen. Das hat gleich mehrere Vorteile. Es sorgt dafür, dass der Superhelden-Mythos stirbt. Du lernst daraus. Und die allermeisten Fehler sind nicht so kritisch, wie sie sich anfühlen. Was Dir allerdings nicht passieren sollte, ist, dass Du einen Fehler und das damit verbundene Lernpotenzial ignorierst. Geh offen damit um, auch gegenüber Deinem Team. Nichts macht Dich als Führungskraft nahbarer, als sachlich über einen eigenen Fehler zu sprechen und, wenn möglich, andere in die Lösung einzubeziehen.

Das geht am besten mit einer Nacht Schlaf dazwischen. Schnellschüsse führen oft dazu, dass wir emotional noch zu angreifbar sind, was uns unklarer in der Sache werden lässt. Sind wir unklar, weiß das Team nicht, woran es ist. Das ist dann weniger hilfreich. Deshalb: Eine Nacht schlafen, dann sachlich aufräumen!

Nach der Pflicht kommt die Kür

Mit der Zeit ist der Rahmen, den Du gebaut hast, so stabil, dass Du auf die Feinheiten achten kannst. Dazu gehören aus meiner Sicht vor allem Vorbildfunktion in Dingen, die Dir wichtig sind. Menschen beschreiben, was man von ihnen erwartet, kann funktionieren. Besser ist es, das richtige Verhalten vorzuleben. Wenn Du also beispielsweise davon überzeugt bist, dass Deadlines wichtig sind, solltest Du selbst keine verpassen.

Du hast Deinem Team etwas für Montag zugesagt? Liefere es Montag! Du möchtest, dass die Dinge sachlich analysiert und gelöst werden? Dann sei nicht selbst emotional!

Das klingt nun relativ simpel. Allerdings ist es das nicht immer. Deshalb ist es auch die Kür, denn es erfordert mentale Kapazität, die eigenen Werte immer wieder mit dem eigenen Verhalten bewusst abzugleichen. Unser normaler Modus Operandi bevorzugt das schnelle Handeln – das kann dann aber unpassend zu den Werten sein. Hier macht Übung den Meister.

Zusammenfassung

Als frisch gebackene Nachwuchsführungskraft prasselt viel auf Dich ein. Unsicherheit ist in dieser Situation menschlich. Folgende Punkte helfen Dir:

  • Akzeptieren, dass auch in einer Führungsposition jeder am Anfang viel lernen muss
  • Die eigenen Aufgaben in einer Liste oder Mindmap festhalten und daraus einen Lernplan entwickeln
  • Vorhandene Strukturen mit dieser Liste kombinieren und damit einen stabilen Rahmen für die tägliche Arbeit schaffen
  • Fehler als Lernmöglichkeit nutzen – nach einer Nacht Schlaf
  • langfristig vor allem Vorbild statt Mahner sein

In zwei Wochen geht es weiter mit dem Thema “Netzwerke und ihre Bedeutung für Nachwuchsführungskräfte”.

Bildquelle: Erstellt mit KI am 06.08.24

Führungskräfte prägen die Unternehmenskultur oft stärker, als ihnen bewusst ist. Natürlich fällt einem direkt das Bild des Firmenpatriarchen ein, der sinnbildlich für sein Unternehmen steht und nach dessen Vorbild sich alles ausrichtet. Aber es ist nicht nur der Unternehmer, der Kultur schafft und prägt: Jeder Mitarbeiter, jede Mitarbeiterin, trägt zur gelebten Kultur bei. Die Führungskräfte tun es nur in besonderem Maße. Mit großer Macht kommt große Verantwortung – derer man sich bewusst sein sollte.

Die Negativbeispiele kennen wir alle

Wie so oft, fallen einem bei dieser Einleitung vor allem die Beispiele ein, wie man selbst vielleicht nicht sein möchte. Choleriker, Egomanen und andere Typen sind uns allen schon begegnet. Wenn sie Führungskräfte sind, können sie sich extrem schädlich auf das Team auswirken.

Leider herrscht in Unternehmen nicht immer Klarheit darüber, was eigentlich die Erwartungshaltung an Führungskräfte ist. Was ist ihre Aufgabe? Wie sollten sie sich verhalten? Wie tragen sie unmittelbar zum Erfolg des Teams bei?

Diese Fragen werden zu selten gestellt. Das Ergebnis ist, dass nicht immer die geeignetsten Menschen in solche Positionen kommen – oder potentiell geeignete Menschen in der neuen Rolle alleine gelassen werden und sich nicht so entwickeln, wie es wünschenswert wäre.

Hilf Deinen Führungskräften, Kultur zu prägen

In meinem letzten Beitrag habe ich aufgezeigt, wie es zur Definition meiner Firmenkultur kam und welche Herausforderungen in dieser Arbeit liegen. Als ich dieses Zwischenziel erreicht hatte, war ich erst einmal recht stolz. Aber die Arbeit an einem Artikel für ein Magazin hat mir noch einmal deutlich gemacht, dass das Manifest alleine nicht ausreichend ist.

Damit andere mich unterstützen können, meine gewünschte Kultur in jede Ecke des Unternehmens zu tragen, musste ich auch definieren, wer diese anderen sind und was ich von ihnen erwarte.

Damit begann also der nächste Teil der Arbeit: Das Verfassen eines Führungskodex, eines Dokuments, dass Führungskräfte in meinem Unternehmen charakterisiert und aufzeigt, welche Aufgaben und Anforderungen auf sie zukommen.

Dabei gilt natürlich immer die Mission aus dem Manifest: Leadership ist ein eigenes Skillset, das erlernt und geübt werden muss. Deshalb ist es notwendig, Führungskräfte dabei zu unterstützen, dazu zu werden – die wenigsten sind es von vornherein.

Ein Blick auf das Ergebnis

Den Führungskodex, der mein Manifest ergänzt, kannst Du hier einsehen. In seiner Erstellung gab es die gleichen Herausforderungen, die ich schon beim Manifest beschrieben habe. Die größte ist und bleibt, dass etwas, was in Deinem Kopf klar ist, nur selten von jemand anderem genauso verstanden wird.

Deshalb sind auch hier einige Wochen und Monate Arbeit hineingeflossen, auch wenn es schneller ging, als bei der Definition der Kultur. Mir war es dabei wichtig, klar zu machen, welche Eigenschaften ich an Führungskräften schätze und wie sich diese im Alltag äußern sollen. Der Weg über Leitsätze ist einer, der für die Betroffenen die Anwendung im Alltag leicht macht.

Dazu kam noch die besondere Verantwortung, die Führungskräfte in Sachen Vorbild haben. Deshalb tauchen in den Aufgaben insbesondere solche auf, die zentrale Kernwerte und Schwerpunkte meiner Unternehmenskultur betreffen.

Es wäre immer möglich, viel mehr zu schreiben. Dann wäre die Nutzung dieser Art Dokumente allerdings schwieriger, wenn nicht gar unmöglich. Es hilft nicht, ein Handbuch für jede erdenkliche Situation zu haben. Besser ist es in meinen Augen, Kernprinzipien vorzugeben und ansonsten vor allem einen Rahmen aufzuzeigen, in dem sich Menschen entwickeln können.

Hast Du in Deinem Unternehmen Regeln und Anforderungen für Führung?

Bildquelle: browneyesboyua – Fotolia

Ich habe schon öfter darüber gesprochen. Die Kultur eines Unternehmens ist immer da. Ob sie definiert ist oder nicht, spielt keine Rolle. Sie ist das, was das tägliche Miteinander im Unternehmen ausmacht. Aber als Unternehmer haben wir die Chance, auch eine gewünschte Kultur zu definieren. Nur ist der Weg dahin nicht leicht.

Werte: Fünf Minuten. Was es bedeutet: Neun Monate

Die Definition meiner gewünschten Unternehmenskultur war ein langer, oftmals frustrierender Weg. Denn er beginnt dabei, das vorhandene zu beobachten. Die Herausforderung ist es, das was passiert, auf einer Metaebene zu analysieren. Verhalten (insbesondere unter Druck), Wortwahl, Körpersprache, der Umgang mit Herausforderungen – all diese Dinge geben Aufschluss über die gelebte Kultur eines Unternehmens. Der erste Schritt auf dem Weg zur eigenen Kultur ist also mit viel Aufschreiben und Analyse verbunden.

Der zweite Schritt dagegen ist leicht. Die eigenen Kernwerte zu nennen fällt vielen Menschen nicht schwer. Das ging mir ähnlich. Die sechs bis sieben Begriffe standen nach fünf Minuten auf einem Blatt. Schwieriger war es dann, was mir meine Mentorin beigebracht hat: Das, was in Deinem Kopf klar ist, ist für Außenstehende alles. Nur nicht klar.

Definitionen wälzen

Es war immer klar, dass mir Freiheit wichtig ist. Du kannst zum Spaß den Begriff mal im Duden recherchieren, oder in Wikipedia nachschlagen – die schiere Anzahl der Definitionen alleine für einen der Werte zeigt schon, wohin die Reise geht: In die Definitionsarbeit.

Du hast die Möglichkeit, aber leider auch die Pflicht, klar zu machen, was Du darunter verstehst. Und ein simples Copy & Paste einer passenden Stelle im Duden reicht dabei leider nicht aus. Der Wert braucht auch Einordnung in den Kontext Deines Unternehmens. In den Alltag der Menschen, die ihn danach verstehen sollen.

Damit wurde aus den fünf Minuten eine mehrmonatige Arbeit. Selbst Nuancen in der Wortwahl können die Definition, die Du gibst, komplett ändern. Ich kann Dir wärmstens die Arbeit mit einem Mentor empfehlen – durch dessen Rückfragen schaffst Du viel Klarheit über das, was Du eigentlich sagen willst.

Und was bringt das uns als Team?

Die Werte alleine reichten natürlich auch nicht aus. Der dritte Teil meiner Arbeit bestand daraus, aufzuzeigen, wie sich diese Werte in der Praxis, also im täglichen Miteinander, auswirken sollen. Dazu habe ich mir Leitlinien überlegt, die aus den jeweiligen Werten resultieren, und das gewünschte Miteinander meines Teams beschreiben.

Auch dabei gab es mehrere Schleifen, bis ausreichend Klarheit geschaffen war. Damit war aber dann die Basis gelegt, um den finalen Schritt zu schaffen: Das Ziel klarmachen.

Hier hatte ich schon eine Vorstellung, da ein Thema mich seit vielen Jahren täglich begleitet: Das persönliche Wachstum. Dieses konnte ich in den Kontext meines Unternehmens einbetten und damit auch deutlich machen, welche Menschen ich für die Mitreise suche – diejenigen nämlich, die das diese Zielsetzung teilen und an ihrer Erreichung teilhaben wollen.

Wie ist der aktuelle Stand?

Das, was ich als das 11elements Manifest bezeichne, ist nun in seiner ersten Version fertig. Wenn Du es lesen möchtest, findest Du es auf meiner Firmenhomepage.

Mit dem Ergebnis der mehr als einjährigen Arbeit bin ich zufrieden. Das heißt aber nicht, dass es nicht noch Änderungen erfahren kann. Im Großen und Ganzen denke ich aber, dass damit klar wird, wie ich mir vorstelle, dass mein Unternehmen und mein Team funktionieren sollen und worauf ich besonderen Wert lege.

Die Herausforderung besteht nun darin, diesen Rahmen regelmäßig sichtbar zu machen, zum Beispiel durch die tägliche Nutzung in Führungssituationen. Er kann genutzt werden um Entscheidungen zu treffen („welche der Entscheidungsoptionen passt am besten zu unseren Werten?“), um Konflikte zu bearbeiten („das Verhalten passt/passt nicht zu unseren Leitlinien“) und um auch gegenüber Kunden das gewünschte Verhalten zu zeigen.

Das ist nämlich der finale Schritt: Konstante Nutzung, damit es sich im Unternehmen verankert. Bei dieser Aufgabe kommt den Führungskräften eine besondere Rolle zu, über die ich in meinem nächsten Blogbeitrag sprechen werde.

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Als ich vor zwei Wochen bloggte, war Corona eigentlich noch kein Thema. In dieser Zeit hat sich aber viel verändert. Schulen und Kitas sind geschlossen, Restaurants und die meisten Geschäfte ebenso. Es herrschen Ausgangsbeschränkungen und zehntausende Menschen sind mit dem Virus infiziert.

Unternehmen erleben in der Coronakrise einen Stresstest…

Viele Unternehmen haben nun große Probleme. Lieferketten brechen zusammen, vielen wird die Ausübung ihres Betriebs untersagt. Die Folgen sind Kurzarbeit und Geschäftsaufgaben. Die Zahl der Firmen, die Kurzarbeit angemeldet haben, ist auf einem Rekordhoch – und das in den letzten Wochen alleine. Der notwendige Shutdown des öffentlichen Lebens geht noch mindestens bis in die dritte Aprilwoche.

Natürlich sind nicht alle gleichermaßen betroffen. Manche Geschäftsmodelle funktionieren auch in dieser Krise. Home Office ist das Mittel der Wahl für solche Betriebe, in denen es möglich ist.

…und zwar der Kultur, nicht nur ihrer Finanzen

Home Office galt bis vor wenigen Tagen eher als Randerscheinung einiger sehr hipper Unternehmen. Gründe gibt es dafür viele: Mangelnde Infrastruktur in Deutschland generell, Datenschutz, Arbeitsorganisation, Zeiterfassung…

Jetzt, wo es dank Corona keine andere Wahl gibt, zeigt sich, dass vieles machbar ist, was vorher als unmöglich galt. Das ist einer von wenigen Lichtblicken in dieser Zeit.

Neben allen technischen und organisatorischen Herausforderungen ist die Nutzung von Home Office aber noch etwas: Ein Schnelltest für die Unternehmenskultur. Denn damit es funktionieren kann, reicht ein Notebook mit VPN Zugriff nicht aus. Es braucht neues Denken.

Jede Krise ist eine Chance – auch Corona

Dieses neue Denken zeigt sich nun. Denn viele Führungskräfte sind nun gezwungen, Präsenz zu Gunsten von Zielerreichung zu beobachten. Sie müssen darauf vertrauen, dass ihr Team eigene Mittel und Wege zur Selbstorganisation findet. Kommunikation, und in ihr viel Klarheit und Offenheit, zeigt nun einen besonderen Wert. Nicht, dass das vorher unwichtig war – aber jetzt ist es unabdingbare Voraussetzung für ein erfolgreiches Miteinander.

Ich habe ja schon mehrfach über meinen Weg zur Veränderung meiner Unternehmenskultur geschrieben. In der Coronakrise zeigt sich nun, dass wir unter den Bedingungen schon weiter sind, als ich je zu hoffen gewagt hatte.

Mein Team kann stolz auf sich sein!

Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind seit knapp zwei Wochen fast alle im Home Office. Im Büro sind nur noch wenige Menschen. An Corona erkrankt ist niemand. Wir vermissen uns, das zeigen unsere virtuellen Meetings. Der persönliche Austausch leidet unter der Entfernung. Und manchen wird klar, dass volles remote Arbeiten vielleicht doch nicht so erstrebenswert ist, wie es mal erschien.

Was mich aber beeindruckt ist, wie das Team diese Herausforderung annimmt. Es wird viel kommuniziert und meine Führungskräfte machen einen tollen Job, alles, was vorher persönlich passierte, virtuell nachzubilden, wo immer es geht. Unser Praktikant hat auf eigene Initiative einen Call aufgemacht, in dem wir uns über unsere aktuelle Gefühlslage und das, was wir bislang gelernt haben, austauschen konnten. Der Support arbeitet praktisch unbeeindruckt weiter, die Entwickler erreichen ihre Ziele. Und das, obwohl viele von uns nun auch ihre Kinder zu Hause haben, was eine eigene Herausforderung in sich ist.

Die Herausforderung für Führungskräfte: Vertrauen und Führung zeigen

Für mich ist die Herausforderung, viel Vertrauensvorschuss zu gewähren. Ich habe kaum schnelle Möglichkeit, mir den aktuellen Projektstand geben zu lassen. Ich kann nicht beobachten, wie das Team interagiert.

Gleichzeitig ist es meine Aufgabe, besonders viel Führung zu zeigen. Das betrifft insbesondere den Fokus. Mein Team fokussiert sich darauf, die aktuelle Arbeit zu schaffen. Ich dagegen habe die Aufgabe, klar zu machen, was der Ausblick ist. Wie es weitergeht. Dass ich auf die Zukunft schaue. Damit kann ich meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mentale Last nehmen, denn diese leisten schon viel. Unter den aktuellen Voraussetzungen, mit ein oder mehreren Kindern, Partnerinnen und Partnern, die Arbeit und das eigene Leben im Griff zu halten ist Herausforderung genug. Sie sollen sich nicht auch noch Gedanken um das „Danach“ machen. Das ist Aufgabe von Führung.

Und manchmal helfen die kleinen Dinge

Abgesehen davon können auch kleine Dinge einiges bewirken. Ich brachte vor einigen Tagen Eis in die Firma, für die wenigen dort Anwesenden. Eine Mitarbeiterin war traurig, dass sie daran nicht teilhaben konnte. Also habe ich eine Kühltasche gepackt, Eis gekauft, und nach und nach jede(n) im Home Office ebenfalls mit Eis versorgt. Natürlich unter Wahrung des Abstandes. Es ist „nur“ Eis. Aber es ist vor allem Ausdruck meines Danks und meiner Wertschätzung. Diese ist nämlich auch gerade ein besonders wichtiges Führungsinstrument.

Die Krise ist das, was sie ist. Die größte Herausforderung für das Land, die die meisten von uns je erlebt haben. Deshalb finde ich es wichtig, alle Lichtblicke im Dunkel wahrzunehmen und sich daran zu erfreuen. So hart diese Zeit für Unternehmen ist, so helfen gute Ideen und die Chance, neues auszuprobieren, dabei, sie zu bewältigen. Und vielleicht ist sie auch Anlass für manche Unternehmen, das Thema Unternehmenskultur nochmal intensiver zu beleuchten. Die Coronakrise ist eine Herausforderung und eine Chance. Bleibt gesund!

Übrigens hoffe ich auch, dass auch in anderen Bereichen neue Lösungen gefunden werden. Nach so langer Kitaschließzeit wären „normale“ Sommerferien für viele Eltern eine wahnsinnige Herausforderung. Ich hoffe, dass die Verantwortlichen sich trauen, aus der gewohnten Bahn auszubrechen.

Bildquelle: Rainer Sturm / pixelio.de

Unternehmenskultur ist groß in Mode. Wer sich Firmenwebseiten anschaut, findet neben Informationen zu Produkten und Dienstleistungen fast auch immer eine Seite, die sich mit der Unternehmenskultur beschäftigt. So soll Partnern, Bewerbern und Kunden gezeigt werden, worauf das Unternehmen besonders Rücksicht nimmt, was ihm wichtig ist.

Buzzwords alleine reichen nicht

Fast immer besteht eine solche Seite aus mehreren Werten. Bekannte Beispiele sind Nachhaltigkeit, Transparenz oder Mitarbeiterbindung. Allerdings sagen diese Worte alleine noch gar nichts aus. Denn was ein Mensch darunter versteht, ist meist komplett unterschiedlich. Ob also ich, als Leser, unter Transparenz das gleiche verstehe, wie der Autor, ist völlig fraglich.

Im vergangenen Jahr habe ich mich intensiv mit unserer Unternehmenskultur beschäftigt. Wie ich schon mal beschrieben habe, ist Kultur unglaublich persistent. Sie lebt in einem Unternehmen, oftmals auch lange nachdem für die Kultur prägende Personen gar nicht mehr Teil der Firma sind. Das ist hochspannend, aber gleichzeitig auch ein wichtiger Hinweis: Kultur lässt sich nur schwer verordnen. Das Aufschreiben auf einer Webseite schafft keine Kultur.

Das gelebte beobachten

Um sich intensiv mit Unternehmenskultur zu beschäftigen, muss man erst einmal beobachten. Denn diese Kultur zeigt sich an vielen Stellen im Alltag. Wie werden Informationen genutzt? Werden sie bereitwillig geteilt? Werden Kolleginnen und Kollegen unterstützt? Wer übernimmt an welchen Stellen Verantwortung wofür?

All diese Fragen geben Aufschluss darüber, wie die Firma aktuell funktioniert und welche Werte vorhanden sind und gelebt werden.

Ich habe bei meiner Beobachtung festgestellt, dass das Unternehmen meines Vaters in kultureller Hinsicht weiterhin besteht, obwohl er seit 2010 tot ist. Das zeigte sich zum Beispiel in einer stark helfenden Kultur, die aus Zeiten stammt, in denen wir deutlich kleiner und prekärer waren. Sie zeigte sich aber auch in der relativ geringen Eigenverantwortung, da es Gewohnheit war, dass ein oder mehrere starke Persönlichkeiten einen Plan hatten, zu dem sie Aufgaben verteilt haben.

Die eigenen Werte festhalten – und definieren

Mit dieser Beobachtung konnte ich mir Gedanken machen, welche Kultur ich eigentlich genau haben möchte. Die ersten fünf bis sieben Werte standen schnell auf einem Blatt. Aber dann beginnt die eigentliche Arbeit erst. Du musst klar definieren, was Du unter einem Wert verstehst. Für jeden Begriff gibt es mehrere Definitionen. Welche Du meinst ist entscheidend dafür, wie dieser Wert sich im Alltag manifestieren soll.

Das war deutlich mehr Arbeit, als das Aufschreiben der Werte. Ein Sparringspartner hilft dabei ungemein. Wochen später konnte ich mit viel mehr Klarheit darüber sprechen, was eigentlich Verantwortung oder Transparenz für mich bedeuten. Auch das alleine reicht jedoch nicht!

Wie fühlt es sich an, diese Werte im Alltag zu leben?

Der nächste Schritt ist es klar zu machen, wie diese Werte den Alltag, die Interaktion im Team, prägen sollen. Ich habe nach der Definition deshalb insgesamt elf Leitsätze festgehalten, die das Miteinander im Unternehmen beschreiben sollen. Leider ist das auch noch kein „Mission accomplished“, sondern lediglich die Basis.

Nachdem ich mein Team mit meinem Dokument bekanntgemacht hatte, konnte ich genauer darauf achten, welche dieser Leitlinien bereits gelebte Realität sind. Und natürlich auch, wo es noch Handlungsbedarf gibt. Und hierin besteht meine Arbeit seit der zweiten Jahreshälfte 2019: Beobachten, reflektieren und mit Hilfe meines Führungsteams immer wieder Stellen zu finden, an denen die gelebte Kultur nicht der gewünschten Kultur entspricht.

Unternehmenskultur ist ein Marathon

Diese Arbeit passiert nicht von heute auf morgen. Es wird noch Monate und Jahre dauern, alles so zu etablieren, wie ich es mir vorstelle. Und neben meiner „Vorgabe“ gibt es ja noch viele kleine Bestandteile, die darin nicht vorkommen, aber durch mein Team geprägt sind. Solange sie den Leitlinien nicht widersprechen, ist das auch völlig in Ordnung – individuelle Ergänzungen dürfen und sollen Bestandteil sein. Gleichzeitig steckt aber die definierte Kultur auch einen Rahmen ab, der Orientierung gibt.

Auf mittlere Sicht möchte ich erreichen, dass die Kultur für jeden im Alltag spürbar ist, das sie Filter und Antreiber zugleich ist. Bei Entscheidungen kann sie Hilfestellung für die „richtige“ Entscheidung im Sinne des Unternehmens sein. In der Rekrutierung kann sie helfen, die richtigen Mitreisenden für uns zu finden. Im Arbeitsalltag soll sie helfen, diese zielführend und wertschätzend zu gestalten.

Die Arbeit liegt vor uns

Deshalb möchte ich in diesem Jahr noch einmal genau herausfinden, an welchen (voraussichtlich dutzenden) Stellen überall Kultur den Alltag berührt. Mit diesem Wissen kann ich weitere Stellen identifizieren, an denen ich darauf hinwirken kann, die Kultur des Unternehmens zu formen.

Es wird also auch ein hochspannendes Jahr 2020.

Bildquelle: zaubervogel / pixelio.de