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Eine der Fragen, die sich Nachwuchsführungskräfte stellen, ist “wie setze ich richtig Ziele?“. Das kann sich auf die eigenen Ziele beziehen, aber auch auf die für die Mitarbeitenden. Darauf gibt es jede Menge Antworten. Eine besonders spannende liefert James Clear in Atomic Habits: Die Veränderungsziele.

Disclaimer: Keine Methode ist universell

Was vorab wichtig ist, ist zu erkennen, dass keine Methode dieser Welt in jeder Situation funktioniert. So ist es auch mit den sogenannten Veränderungszielen. Sie beziehen sich absolut nicht auf Projekte. Ein ordentliches Projekt hat ein klares Ziel, eine Deadline und ein Budget.

Darauf bezieht sich dieser Beitrag nicht. Vielmehr geht es mir dabei um einen anderen Bereich, nämliche die Entwicklung von Mitarbeitenden zu unterstützen. Dabei können Veränderungsziele eine echte Alternative zu klassischen Jahreszielen sein.

Oft ist es so, dass am Anfang eines Jahres Ziele vereinbart werden. In diesem Jahr sind zwei Fortbildungen zu absolvieren. Oder ein Umsatz von 1 Million Euro zu erzielen. Sieben neue Prozesse zu entwerfen und zu dokumentieren.

Die Zielsetzung folgt dabei oft dem Akronym SMART. Das ist aber nicht immer hilfreich.

Ergebnisziele haben einen entscheidenden Nachteil

Der große Nachteil von Ergebniszielen ist, wenn sie erreicht werden. Was dumm klingen mag, kennen wir alle. Was kommt denn nach der 1 Million Umsatz? Meist 1,2 Millionen. Mit anderen Worten, jedes erreichte Ziel führt zu einem neuen Ziel – ein Hamsterrad, das Frust erzeugen kann.

Wenn ich mir das andere Beispiel mit der Fortbildung anschaue, kann es spannender sein, ein Veränderungsziel zu vereinbaren. Statt zwei Fortbildungen besucht zu haben (um dann im Folgejahr zwei oder drei weitere zu besuchen) könnte das Ziel auch anders beschrieben werden: “Investiere in diesem Jahr mindestens 5% Deiner Zeit in Deine Fortbildung“.

Das hat mehrere Vorteile. Zum einen ist die Verantwortung beim Mitarbeitenden, das zu konkretisieren. Der Rahmen (5%) ist klar, die Umsetzung flexibel. Ob das einmalig 2-3 Wochen am Stück sind, oder stundenweise jede Woche, ist frei.

Zum anderen würde gerade die zweite Variante den Vorteil mit sich bringen, dass die persönliche Entwicklung zu einem konstanten Bestandteil der Arbeit wird. Die Folge ist klar: Wird das Verhaltensziel erreicht, wird automatisch auch das Ergebnisziel erreicht, da der Gegenwert mindestens bei zwei Fortbildungen steht. Vermutlich sogar viel mehr.

Verhaltensziele können bei der Entwicklung helfen

Das gleiche funktioniert auch auf persönlicher Ebene. Das Ziel, Sport zum Bestandteil des eigenen Lebens zu machen, kann ich jede Woche erreichen und damit Erfolg haben. Das Verlieren von 5 oder 10 kg Gewicht ist praktisch automatisch eine Folge davon – nicht aber das eigentliche Ziel, das dann Frust auslöst, wenn es verfehlt wird. Oder schlimmer, erreicht wird 😉

Bildquelle: Rainer Sturm  / pixelio.de

Irgendwie bietet es sich an. Ich schreibe so oft darüber, wie Du Dich oder Deine Nachwuchsführungskräfte entwickeln kannst. Was Du tun kannst, oder sogar solltest. Was noch fehlt, ist ein Beitrag darüber, was Du als (Nachwuchs-)Führungskraft nicht oder nicht mehr tun solltest.

Auf jeden hören

Ich beginne bei etwas, was vielleicht unbewusst klar, aber nicht offensichtlich ist. Es ist wichtig, dass Du Dir eine eigene Meinung bildest. Es ist Teil von Leadership. Gegen das Suchen von Rat, das Erfragen von Fachwissen und gegen die Nutzung eines Netzwerkes spricht absolut nichts.

Mit dem Rollenwechsel hin zur Nachwuchsführungskraft geht ein Perspektivenwechsel einher. Einer, den die Menschen, mit denen Du vorher auf einer Ebene gearbeitet hast, nicht mitgehen. Es fühlt sich gut an, mit alten Vertrauten zu sprechen. Und in fachlichen Dingen ist es wertvoll. Über Führungsfragen, über Leadership oder Management dagegen, haben viele Menschen eine Meinung. Diese ist aber nicht zwangsläufig kompetent.

Aus Gewohnheit auf diese Menschen zu hören kann negative Folgen haben. Denn auch auf der anderen Seite ist der Bedarf da, die Beziehung, so wie sie war, zu erhalten. Die Pflege dieser Beziehung von der inhaltlichen Arbeitsebene zu trennen ist sehr ratsam. Natürlich hat ein angestellter Mitarbeiter eine andere Sicht auf die Führung einer Abteilung oder eines Unternehmens. Diese ergibt sich aber, fast zwangsläufig, aus mangelnder Kenntnis von Hintergründen einerseits und emotionaler Sicht andererseits.

Die Ebenen im Kopf nicht trennen

Bitte versteh mich nicht falsch: Du kannst und sollst versuchen, die Beziehung zu Vertrauten zu erhalten. Aber trenne im Kopf die Ebenen. Emotional und menschlich könnt Ihr miteinander umgehen. Sobald es um die jeweiligen Aufgaben geht, ist Vorsicht angesagt. Denn weder Du noch Dein Gegenüber seid mehr “beieinander”. Ihr habt unterschiedliche Aufgaben, unterschiedliche Sichtweisen. Die Sicht auf ein Thema als Führungskraft ist manchmal diametral zu der Sicht der Fachkraft.

Es ist nur zu leicht und zu bequem, diese Trennung im Kopf nicht zu vollziehen. Das birgt erhebliches Konfliktpotential. Wer eine Abteilung zu führen hat, bekommt über diese Aufgabe eine Meinung von allen Menschen in dieser Abteilung. In aller Regel ist diese Meinung nicht nur gut, mindestens in Teilbereichen. Das ist menschlich und völlig normal – hinzuhören ist auch sinnvoll.

Ob das Feedback aber valide ist und zu einer Änderung Deinerseits führt, ist eine andere Sache. Das ist Deine Aufgabe als Nachwuchsführungskraft, die Du in jedem Einzelfall nochmal annehmen musst.

Ungeduldig sein

Leadership ist eine Reise. Wir kennen alle das Bild des beborenen Anführers. Charismatisch, kompetent, beliebt. Leider ist es, in 99% aller Fälle, komplette Fiktion.

Wenn Du erstmals Nachwuchsführungskraft wirst, ist es der Beginn einer langen Reise. Du wirst vieles lernen (indem Du viele Fehler machst), viele Deiner vorgefassten Ansichten ändern und auch Erfolge feiern.

Die Geduld und die Selbstreflexion, idealerweise mit Hilfe eines externen Mentors oder einer Mentorin, sind der Schlüssel, damit die Reise in die richtige Richtung geht. Die Akzeptanz, dass es nicht immer einfach oder angenehm ist, bildet dafür die Grundlage.

 

In meinem nächsten Beitrag zu diesem Thema wird es dann wieder “positiver”. Was sind eigentlich Deine Learnings als Führungskraft?

Wieder einmal bin ich über einen Beitrag von Vanessa Weber gestolpert, bei dem ich genickt habe. Ihre Beobachtung, dass Führung scheinbar unattraktiv geworden ist, teile ich. In den Details der Begründung, und bei der Frage ob es notwendig ist, erlaube ich mir eine Ergänzung.

Mythos Nummer eins: Führungskraft zu werden ist die einzige Karriereoption

Mit der zunehmenden Wissenstiefe in vielen Bereichen, gerade zum Beispiel in meinem Bereich, ist Führung nicht mehr die einzige Möglichkeit, Karriere zu machen. Betrachtet man die Softwareentwicklung, hat der klassische Fullstack-Developer seine Halbwertszeit überschritten. Natürlich, diese Menschen sind weiter attraktiv. Zunehmende Komplexität und neue Technik erfordert aber auch immer mehr Spezialisten. Eine Spezialisierung auf etwas gesuchtes führt dazu, dass es an Angeboten, auch solche mit entsprechend höherem Gehalt, nicht mehr mangelt.

Die Folge davon ist, dass wenn Entlohnung der Antrieb für eine Führungsrolle war, diese zusätzliche Verantwortung nicht mehr notwendig ist, um das gewünschte Gehalt zu erzielen.

Mythos Nummer zwei: Fachkompetenz trifft eine Aussage über Führungskompetenz

Ich blogge regelmäßig zu diesem Thema. Die beste Fachkraft ist nicht automatisch auch eine gute Führungskraft. Echte Führung (damit meine ich nicht “Aufgaben zuweisen und dafür mehr Gehalt bekommen”) erfordert viel mehr. Sie erfordert Management-Skills (Datenerhebung und -analyse, juristisches Wissen, betriebswirtschaftliches Wissen, und vieles mehr), ebenso wie Leadership-Skills. Gerade letzteres ist ein sehr großes Feld. Wenn man möchte, kann man viel lernen und daran wachsen. Oder man kann es ignorieren – dann ist man aber, aus meiner Sicht, keine echte Führungskraft.

Das ist auch der Bereich, in dem Unternehmer und CEO’s die beste Möglichkeit haben, Nachwuchs zu gewinnen: Indem sie genau hier fördern.

Mythos Nummer drei: Führungskraft zu sein bedeutet mehr Arbeit

Zugegeben, in der Realität ist es oftmals so, dass Führungskräfte mehr arbeiten. Aber notwendig oder verpflichtend ist es nicht. Natürlich kommt es auf Branche, Unternehmen und Umstände an. Im “Normalbetrieb” aber, unter der Annahme, dass man nicht Mythos Nummer zwei erliegt, sind die Aufgaben einer Führungskraft andere, nicht unbedingt mehr.

Insofern stimme ich Vanessa hier komplett zu: Der Gestaltungsspielraum, die Möglichkeit als Mensch zu wachsen, das sind die Themen, die Führung attraktiv machen. Alte Modelle (mehr Entlohnung, Macht, etc.) dagegen sind in der heutigen Zeit möglicherweise die falschen Argumente.

Die Rolle als Opfer ist eine, in die wir uns alle irgendwann einmal zurückziehen. Wenn alles schief läuft, was nur irgendwie schief laufen kann, ist es einfach nur menschlich. Dann fallen die üblichen Sätze. “Das konnte doch niemand ahnen“, oder “Die Umstände waren schlecht“. Als Führungskraft ist ein solches Verhalten auf mehreren Ebenen schädlich.

Stephen Covey bringt es auf den Punkt

Als Führungskräfte werden wir, in der Regel, besser bezahlt. Der Grund ist meist das Thema Verantwortung. Diese zu übernehmen ist Teil des Jobs.

Mit Sätzen wie den obigen Beispielen tut man als Führungskraft das Gegenteil. Wenn die Umstände oder Dritte Schuld an der eigenen Lage sind, geben wir Verantwortung ab. Bei den Mitarbeitenden löst das auch etwas aus. Denn wenn schon der oder die Vorgesetzte sagt, dass die Umstände so schlecht sind, braucht es kein Nachdenken mehr, ob vielleicht etwas in unserer Hand liegt. Im Normalfall schließt sich das Team dann den Klagen an.

Stephen R. Covey hat es in seinem Buch “The 7 Habits of highly effective people” allerdings perfekt auf den Punkt gebracht. Die Verantwortung zu übernehmen ohne blind emotional zu reagieren, unterscheidet effektive Menschen und Führungskräfte von solchen, die es nicht sind. Er hat es sehr anschaulich beschrieben: Responsible, das englische Wort für verantwortlich, kann man auch unterteilen in “response-able”. Damit meint er, dass ein solche Mensch seine Reaktion von dem auslösenden Impuls trennen und steuern kann.

Verantwortung heißt, voran zu gehen und andere teilhaben zu lassen

Somit ist auch klar, was ich von Führungskräften erwarte. Sie müssen lernen (und ja, das ist ein Prozess), voran zu gehen. Die Umstände können mal schlecht sein. Gerade dann ist es wichtig zu fragen, was man selbst damit tun kann. Wie kann der Kunde abgeholt werden? Welche Alternativen habe ich, wenn ein Plan sich aufgrund äußerer Einflüsse als undurchführbar erweist? Was kann ich besser machen?

Neben diesen Fragen gehört aber noch etwas zu einer guten Führungskraft. Wenn nämlich diese Art der Verantwortung ausschließlich bei ihr bleibt, zieht sie sich ein Team heran, dass sich darauf ausruht. Das ist normal. Aber nicht wünschenswert. Vielmehr ist es wichtig, durch Vorbild, aber auch durch aktive Führung, die Mitarbeitenden einzubeziehen in das lösungsorientierte Denken. Viele Mitarbeitende haben tolle Ideen und können in ihrer Selbstverantwortung wachsen. Wenn wir sie lassen und fordern.

Opfer sein ist ansteckend – Zeit die Infektionskette zu durchbrechen

Deshalb rate ich allen Führungskräften, sich mit dem Wortspiel “response-able” gedanklich zu beschäftigen. Es ist ein Schlüssel dafür, nicht nur selbst einen besseren Job zu machen. Es hilft auch dabei, andere besser zu machen. Und das ist immer noch das ultimative Ziel guter Führung.

Bildquelle: daniel stricker  / pixelio.de

Wir kennen sie alle. Superhelden. Mit Capes. Und wir übertragen dieses Bild auch oft auf Führungskräfte. Wir erwarten, dass sie alles wissen, in Krisen retten und dabei souverän aussehen. Leider ist dieses Bild falsch. Und sogar schädlich, vor allem wenn die Führungskräfte selbst daran glauben. Leadership ist nicht, ein Superheld zu sein.

Superhelden können alles…

Wenn wir an diese Art Held denken, und das in die Arbeitswelt übertragen, ergibt sich ein Bild. Eines, dem wir vermutlich alle schon begegnet sind. Es gibt oftmals Führungskräfte, die auch gleichzeitig alles wissen. Die alles in ihrem Bereich verstehen und können.

Neben diesen Menschen fühlen wir uns klein und können aufschauen. Wenn der Kunde verärgert ist, wenn die Software explodiert, das ist der Moment, in dem sie ihre Sternstunde haben. Nachtschichten und kannenweise Kaffee später ist das Problem gelöst. Der Superheld war da und hat uns gerettet.

Bis das nächste Problem entsteht.

…leider ist das aber kein Leadership

Sind wir ehrlich: Die ruhigen, problemfreien Zeiten sind eher die Ausnahme. Für den Superhelden gibt es also genug Stellen, an denen er seine umfassenden Fähigkeiten einbringen kann. Leider ist das Bild trügerisch. Es ist wie ein Michael Bay Film. Blitze, Donner, Effekte, Action – das offensichtliche ist gewaltig und beeindruckend. Nur hinterlassen diese Explosionen viel verbrannte Erde.

Denn wer diese Art Leadership praktiziert, ist kein Leader. Der Sinn von Leadership ist es, andere zu befähigen und ihnen bei ihrer Entwicklung zu helfen, damit das Unternehmen, das Team oder der Verein sich weiter entwickeln. Superhelden können effektiv Probleme lösen, sie sind aber damit immer außerhalb des Teams. Wenn sie dann auch die Führungskraft sind, kann niemand neben ihnen wachsen, denn der Superheld ist immer im Einsatz. Und da er auch immer die Verantwortung schultert, ruhen sich alle auf ihm aus.

Leadership ist am einfachsten, wenn man keine Ahnung hat

Zugegeben, die These ist provokant. Und mit “keine Ahnung” meine ich nicht Ignoranz. Es ist wichtig, als Führungskraft mit anderen sprechen zu können, ohne einen Übersetzer zu benötigen. Aber der Fokus auf Leadership fällt viel einfacher, wenn man nicht in der operativen Arbeit steckt. Deshalb glaube ich, dass dedizierte Führungskräfte, die weitestgehend nicht operativ tätig sind, bessere Chancen haben, das richtige Skillset zu entwicklen. Welche das sind, darüber schreibe ich oft. Der Artikel bei sirise.co.uk, der einen Deloitte-Report zitiert, fasst das auch noch einmal gut zusammen.

“The greatest leader is not necessarily the one who does the greatest things. He is the one that gets the people to do the greatest things.”

Ronald Reagan

Das Zitat von Reagan ist ein guter Indikator, was ich unter Leadership verstehe. Nichts gegen den ein oder anderen Einsatz des Capes – aber im Wesentlichen geht es darum, andere besser zu machen, nicht selbst der beste zu sein. Die Erhebungen zu den Bedürfnissen der aktuellen jungen Generationen zeigen, dass dieser Ansatz da auch erwartet wird.

Bildquelle: pixelio.de / clickhero.de