Notiztools sind ein riesiger Markt. Unzählige Apps buhlen um Kunden, die ihr Personal Knowledge Management organisieren wollen, oder einfach nur Dinge aufschreiben möchten. Die Übersicht zu behalten ist praktisch unmöglich. Aber vielleicht können einige Fragen bei der Auswahl helfen.
Bevor man sucht
Die wichtigste Regel solltest Du Dir gleich zu Beginn merken: Es gibt nicht das perfekte Werkzeug. Es gibt höchstens das richtige Werkzeug für Dich.
Eine kurze Suche mit Google zeigt Dir auch schnell, warum das so ist. Dutzende, hunderte Werkzeuge sind verfügbar. Jedes davon verfolgt unterschiedliche Ansätze, Notizen zu erstellen, zu speichern und zu kategorisieren. Das macht es extrem schwer, einfach eines zu wählen. Dazu kommt noch das Shiny new toy – Syndrom. Immer, wenn etwas neues kommt, hast Du den Impuls, es nicht nur auszuprobieren, sondern viel mehr Zeit als sinnvoll ist darin zu investieren.
Welche Fragen helfen bei der Auswahl von Notiztools?
Mit diesem kleinen Vorwort gibt es verschiedene Ansätze, eine Wahl zu treffen. Dabei möchte ich Dir gerne ein wenig helfen, denn ich beschäftige mich mit vielen dieser Werkzeuge. Und bin natürlich auf die Dinge hereingefallen, vor denen ich Dich gerade gewarnt habe.
Die offensichtliche Einstiegsfrage ist, ob Du lieber digital oder analog arbeitest. Bei letzterem schrumpft die Auswahl des Werkzeugs auf genau eines, nämlich ein Notizbuch. Das Format, das Papier, die Farbe…all das mag eine Rolle spielen, aber im Grundsatz war es das. Worauf Du vielleicht noch achten kannst, ist die Frage der Organisation. Denn Notizbücher haben ein Feature nicht, das aber extrem nützlich ist: Eine Suchfunktion! Deshalb sind Methoden wie zum Beispiel Bullet Journaling, über das ich ja schon einmal geschrieben hatte, ein guter Ansatzpunkt.
Technische Aspekte
Neigst Du allerdings zu digitalen Werkzeugen, ist die Auswahl riesig. Den Überblick behalten dürfte unmöglich sein. Insofern musst Du Dich Deinem Werkzeug über andere Einschränkungen nähern. Die Technik ist eine davon. Fragen, die Du Dir stellen kannst sind zum Beispiel:
- Welche Plattformen (Windows, Mac, iOS, Android…) benutze ich? Ist das Werkzeug für “meine” Plattformen verfügbar?
- On- oder offline: Bin ich konstant online, oder benötige ich Mittel, die auch ohne Internetverbindung funktionieren?
- Formate: Wie werden meine Daten gespeichert? In einem Format, das universell ist? Oder einem properitären Format?
- Migration: Gibt es Mittel und Wege, bereits vorhandene Daten zur Software hin zu migrieren? Was ist, wenn ich von der Software weg migrieren will?
- Was kann gespeichert werden? Geht es nur um Text, oder möchtest Du auch Bilder, pdf-Dokumente oder andere Formate in Deiner Software verwalten?
Rechtliches
Am Thema Datenschutz kommt man in aller Regel nicht mehr vorbei. Datenschutz ist sowohl ein technisches, als auch rechtliches Thema. Die Fragen, die Du Dir stellen kannst, sind zum Beispiel:
- Sind meine Daten verschlüsselt? Und falls ja, ist es eine Ende zu Ende-Verschlüsselung, oder “nur” eine Verschlüsselung auf dem Weg? Ein Beispiel: Viele Anbieter bieten tolle Suchfunktionen. Damit diese funktionieren, können/dürfen die Daten per Definition nicht komplett verschlüsselt sein!
- Wo werden meine Daten gespeichert? Je nachdem, welche rechtlichen Anforderungen Dein Business an Dich hat, kann es schlicht illegal sein, unverschlüsselte Daten (oder gar generell) bei manchen Anbietern zu speichern. Das Ende von Privacy Shield hat hier definitiv neue Unsicherheiten geschaffen
- Bietet der Anbieter eine Option für ein DPA (Data Protection Agreement)?
- Gibt es Vorgaben in meinem Unternehmen?
- Habe ich nur persönliche Daten in der Software, oder auch die von Dritten? Achtung, letzteres ist eigentlich bei fast allen der Fall! Ein reines Personal Knowledge Management unterliegt nicht den gleichen (harten) Anforderungen
Präferenzen bei der Organisation
Menschen sind sehr unterschiedlich, wie sie Daten suchen und verwalten wollen. Methoden und Mittel gibt es viele. Die klassische Ordnerstruktur, die reine Suche, Verlinkungen innerhalb der Daten und viele mehr. Deshalb könnten folgende Fragen bei der Auswahl der passenden Software helfen:
- Möchte ich meine Daten manuell, zum Beispiel in Ordnern, strukturieren? Oder möchte ich, dass eine Software das erledigt?
- Wie suche ich, wenn ich etwas finden will? Nach Stichworten, Tags, Textausschnitten? Und möchte ich, dass zum Beispiel Anhänge durchsuchbar sind?
- Möchte ich, dass Daten untereinander verlinkt sind, so dass ich Gedanken, Notizen und andere Dinge miteinander verknüpfen kann?
- Welche Darstellung bevorzuge ich, was spricht mich an und wirkt auf mich übersichtlich?
Nach den Fragen kommt die Auswahl – Personal Knowledge Management ist eben sehr persönlich!
Mit diesen Fragen (bzw. den Antworten darauf) hat sich Deine Auswahl hoffentlich eingeschränkt. Ein letzter Hinweis sei noch gestattet: Es ist wichtig, dass Du gerne mit dem Werkzeug der Wahl arbeitest. Wenn alle Antworten auf grün stehen, aber Du schon beim Öffnen einen Würgereiz bekommst, ist es vermutlich dennoch das falsche Werkzeug.
Ich selbst habe die Fragen für mich schon mehrfach analysiert und bin auch schon oft gewechselt. So habe ich eine zeitlang Evernote benutzt, dann Notion ausprobiert und arbeite aktuell mit Obsidian. Warum? Nun, Evernote hat für mich Einschränkungen in den Bereichen Datenschutz und Format (es speichert Notizen in einem properitäten HTML-Format). Notion ist ausschließlich online verfügbar, relativ langsam und datenschutzseitig fragwürdig. Obsidian mag nicht für jeden passen, es ist definitiv eher ein Thema für technisch affine Menschen. Aber es speichert seine Daten dort, wo ich es will, in einem universellen Format und erlaubt zahlreiche Modifikationen und tolle Verlinkungen. Dieser Artikel ist übrigens mit Obsidian geschrieben worden.
Vielleicht schreibe ich ja in Zukunft noch einen Beitrag zu meinem Workflow.
Bildquelle: RainerSturm / pixelio.de
Auf den Beitrag über Deinen Workflow bin ich schon gespannt. 🙂