Ich bin vor einiger Zeit über ein Interview mit Bernd Scheifele in der FAZ gestolpert. Eine These darin ist, dass der Chef keine Freunde haben darf. Aber ist das wirklich so?

Freunde im Unternehmen

Ob man Freund im Unternehmen hat, entscheidet sich ja auf zwei Arten und Weisen. Entweder, Du stellst Freunde ein, oder es entwickeln sich Freundschaften. Im Gegensatz zu Herrn Scheifele stehe ich beiden Varianten eher positiv gegenüber, auch wenn sie Herausforderungen mit sich bringen.

Über das Rekrutieren von Freunden habe ich bereits gebloggt. Aber es ist auch durchaus normal, dass sich aus längerer Zusammenarbeit eine Freundschaft entwickeln kann. Ich werde deshalb nicht noch einmal auf die offensichtlichen Risiken eingehen: Es kann sein, dass Du dann auch Freunde entlassen musst, und dass das Verhältnis nicht so professionell ist, wie Du es Dir wünschst. Beides kann die Freundschaft massiv belasten, teilweise auch beenden. Auch bei Impulse gab es dazu einen Artikel.

Der Chef braucht Freunde

Allerdings sind Vorgesetzte auch Menschen. Vielleicht ist es in einem großen Konzern anders. Die Kompetenz, das zu beurteilen, fehlt mir. Aber in einem kleinen Unternehmen, in dem man sich täglich sieht und sich kennt, sind Freundschaften auch oft nützlich.

Menschen sind soziale Tiere. Wir interagieren mit anderen, Einsamkeit kann krank machen. Deshalb ist es gerade in der Rolle der Führungskraft schön, sich mit Freunden auch über die Arbeit austauschen zu können. Arbeitet man im gleichen Unternehmen sind viele Erklärungen unnötig. Das Gespräch kann sich schnell auf die gegenseitigen Bedarfe konzentrieren und dabei helfen, Probleme, Herausforderungen und Belastungen bei Vertrauten zu thematisieren.

Freunde geben guten Rat

Unter der Prämisse, dass das Verhältnis professionell ist (ich meine damit, dass Freundschaft und Arbeitsverhältnis miteinander kombiniert, aber nicht vermischt werden), sind Freunde ein sehr guter Indikator für die Stimmung im Team. Sie geben wertvolle Hinweise, wo der Schuh drückt – oftmals frühzeitiger, als Du es sonst erfahren würdest. Das hilft Dir dabei, schnell Maßnahmen zu ergreifen und Probleme zu lösen, bevor sie zu groß werden.

Durch die persönliche Bindung sind Freunde auch oft die engagiertesten Mitarbeiter. Sie hängen mit ähnlich viel Herzblut am Unternehmen, als ob es ihr eigenes wäre. Beides sind unschätzbare Vorteile.

Und was, wenn…

Das Arbeitsverhältnis kann scheitern, das Unternehmen ebenfalls. Das ist dann der Punkt, an dem sich Freundschaften bewähren, oder eben nicht. Es kann eine sehr schmerzhafte Erfahrung sein und langfristige Folgen haben. Die Emotionen, die man dabei spürt, sind unangenehm. Und dennoch sind sie nützlich, denn sie härten ab. Leider bist Du als Führungskraft oft in der Situation, Entscheidungen treffen zu müssen, die nicht jedem passen. Auch Deinen Freunden nicht. Die Lernerfahrung ermöglicht es Dir, besser damit umzugehen.

Freunde im übertragenen Sinn

Was Herr Scheifele vielleicht auch meint, sind nicht Freunde im wörtlichen Sinn. Über den Sinn einer guten Atmosphäre, einer gemeinsamen Vision und geteilten Werten, braucht man, denke ich, aber auch nicht diskutieren. Ich glaube fest daran, dass sie großen Erfolg bringen und auf Dauer für jedes Unternehmen ein positiver Faktor sind. Deshalb bleibe ich dabei: Es ist schön (und nebenbei motivierend), wenn man als Unternehmer oder Führungskraft nicht das Gefühl hat, alleine zu sein. Wir sind alle nur Menschen.

Bildquelle: birgitta hohenester  / pixelio.de

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