Spätestens seit der Europawahl beherrscht Klimaschutz die Schlagzeilen. Er kommt auch in der Sprache von Politikern nun deutlich häufiger vor. Und er führt zu Protesten, wenn er verschleppt wird. Das hat uns die ausbleibende Einigung auf verbindliche Ziele auf der europäischen Ebene deutlich gezeigt.

Ist es überhaupt richtig, von einem Themenfeld zu sprechen?

Als ich kürzlich auf der konstituierenden Sitzung des Mittelstandsbeirats war, bestätigte sich die Beobachtung. Unsere Wirtschaftsministerin bettete das Thema in ihre Rede ein. Das gleiche passiert auch auf Bundes- oder Europaebene. Was mir dabei auffällt ist, dass oft der Tenor „wir müssen die Klimapolitik als ein Feld, das in Konkurrenz zu anderen Themen steht“ genutzt wird. Diese (implizite) These hat mich länger beschäftigt. Denn so wie Politik funktioniert, bin ich mir unsicher, dass mit diesem Denken unsere unbestrittenen (außer durch wenige) Probleme gelöst werden können. Wenn beispielsweise die Frage Klimaschutz gegen Arbeitsplätze lautet, wird es keinen Kompromiss geben. Auch ohne Experte zu sein ist mir klar, dass bestimmte Branchen oder Arbeitsplätze keine Zukunft haben. Wenn ich das akzeptiere, bedeutet jeder x-fach geschliffene Kompromiss, dass es kein gutes Ende nimmt. Zwar behalten vielleicht einige Branchen Jobs, oder Geschäftsmodelle werden länger weiter verfolgt, aber gleichzeitig erreichen wir die notwendigen Klimaziele nicht oder zu spät.

Eine Alternative: Die Brille?

Wie gesagt, ich bin kein Experte. Was ich aber sagen kann, ist dass die Belege für eine Klimakrise überwältigend sind. Ich möchte nicht, dass meine Tochter eine kaputte Welt erbt. Schon gar nicht, weil wir den Zorn einiger Menschen vermeiden wollten. Mir ist auch klar, dass Deutschland alleine die Probleme nicht lösen kann. Allerdings denken die anderen genauso. Wenn das alle tun, führt es uns in die Katastrophe. Jeder Mensch, jedes Land, jede Institution, muss das tun, was er oder sie kann. Das ist, in meinen Augen, der einzig gangbare Weg. Und zwar unabhängig davon, ob „die anderen“ mitziehen. Ich glaube, dass es Momentum aufnehmen kann, wenn nur genug mitziehen. Und einige voran gehen.

Was dabei nicht hilfreich ist, ist in meinen Augen das Denken in (konkurrierenden) Themenfeldern. Deshalb habe ich darüber nachgedacht, ob Klimapolitik nicht eine Art Brille sein sollte, durch die auf jedes andere Thema geschaut wird.

Digitalisierung kann Klimaschutz sein

Ein Beispiel: Beim Mittelstandsbeirat war die Frage nach Infrastruktur, zum Beispiel Straßen oder ÖPNV, ein Thema. Natürlich sollen die Menschen ihren Arbeitsplatz erreichen können. Aber am allerbesten wäre es doch, wenn sie gar nicht dafür fahren müssten. Die besten Schadstoffe sind doch die, die gar nicht erst entstehen.

Hier kommt digitale Infrastruktur ins Spiel. In der Zukunft werden Grundstücke (privat oder gewerblich) völlig wertlos sein, wenn sie nicht an eine sinnvolle digitale Infrastruktur angeschlossen sind. Firmen siedeln sich dort an, wo solche Infrastruktur gegeben ist, und ziehen weg, wenn sie nicht gegeben ist. Gleichzeitig ermöglicht Digitalisierung viele Geschäftsmodelle, die in sich nicht ortsgebunden sind.

Für mich folgt daraus, dass ein Ausbau digitaler Infrastruktur auch als Klimaschutzmaßnahme betrachtet werden kann. Denn wenn auch im ländlichen Raum Firmen entstehen oder dahin ziehen können, und die Menschen dort modern und gut leben können, gibt es keine Notwendigkeit des langen Pendelns. So arbeitet man aktiv am Klima.

Denkmodelle schränken ein

Ich glaube, dass diese Denkweise auf viele Themen übertragbar ist. Damit ist Klimaschutz kein Thema unter vielen, das gegen andere abgewogen werden muss, sondern das Denkmodell, das vielleicht angewendet werden kann, ihn in allen Bereichen zu bedenken. Denn das bisher vorherrschende Modell, zumindest meiner Wahrnehmung nach, schränkt den Fokus zu sehr auf Konkurrenz ein. Mein Gedanke muss auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Aber unsere bisherigen Modelle haben uns auch dahin geführt, wo wir gerade stehen. Vielleicht ist es an der Zeit, neu zu denken.

 

Bildquelle: Andreas Hermsdorf / pixelio.de

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