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Ich kann es nicht verhindern, immer wenn ich den Begriff „Mastermind“ höre, denke ich an einen Herren im schwarzen Anzug. Er sitzt in einem tiefen Sessel, krault eine Katze und plant die Weltherrschaft zu übernehmen. Allerdings ist das Bild falsch. Er beschreibt vielmehr eine kleine Gruppe Menschen, die sich zum gegenseitigen Vorteil treffen und unterstützen – meist durch konkretes Feedback zu Herausforderungen.

Verlässliche Rückmeldung ist eine Seltenheit

Wenn Du meinen Blog öfter liest, weißt Du, für wie wichtig ich gutes Feedback halte. Und Du weißt, wie selten Du es vermutlich als Nachfolger und Unternehmer bekommst. Es gibt wenige von uns. Und von dieser geringen Zahl werden sich die wenigsten völlig öffnen.

Um diesem Problem entgegen zu wirken, gibt es sogenannte Mastermind-Gruppen. Diese sind meist klein (fünf Personen, selten mehr), treffen sich regelmäßig persönlich und geben sich Regeln und Ziele. Meist bewegen die sich in einem ähnlichen Ergebnis, nämlich dass die Menschen der Gruppe…

  • …sich zu Offenheit verpflichten,
  • zu absoluter Vertraulichkeit bekennen, und
  • sich pro Termin eine Methode überlegen, sich gegenseitig bestmöglich zu unterstützen.

In der Realität ist ein beliebtes Vorgehen, dass ein Teilnehmer eine konkrete Herausforderung vorstellt, vor der er oder sie gerade steht – und alle anderen geben ihr bestes, dabei Unterstützung zu leisten. Dadurch, dass Vertraulichkeit gewährleistet ist, kann offen über Zahlen, Probleme, etc. gesprochen werden. Sonst notwendige Abstraktion entfällt, und man kann sich voll und ganz auf die Lösung fokussieren.

Bislang gute Erfahrung

Ich wollte schon länger eine solche Gruppe gründen oder ihr beitreten. Ende letzten Jahres bin ich den Schritt gegangen. Ich habe eine recht diverse Gruppe Menschen gefragt, ob sie das auch für sinn- und wertvoll halten. Und alle haben direkt zugesagt!

Wir treffen uns etwa alle drei Monate persönlich. Und ehrlich gesagt bin ich vom Ergebnis bislang völlig überwältigt. Dass es gut werden würde, hatte ich mir erhofft. Es ist aber noch besser als erwartet. Wir haben bislang schon einige tolle Ideen gemeinsam entwickelt, uns selbst auch weiter gebildet und uns gegenseitig bestärkt, wo es notwendig war.

Der Austausch ist dabei immer sehr wertschätzend – und die Lösungen sind eben keine Floskeln, sondern ganz konkrete Vorschläge, die auch im Folgetermin noch einmal besprochen werden.

Ich hätte es sogar gerne öfter, allerdings ist die Organisation natürlich immer eine Hürde. Mehrere Menschen mit zum Teil brechend vollen Terminkalendern zu koordinieren kann frustrieren. Das Ergebnis allerdings ist es mehr als wert.

Fazit: Absolut empfehlenswert

Mach Dir keine Illusion, in einer Mastermindgruppe steckt Arbeit. Die gemeinsamen Sessions sind anstrengend, mental gehst Du danach auf dem sprichwörtlichen Zahnfleisch. Das Ergebnis aber spricht für sich.

Neben den Netzwerken und den eins zu eins Beziehungen, über die ich auch schon gebloggt habe, sehe ich eine solche Mastermind-Gruppe als perfekte Möglichkeit, sich gemeinsam weiter zu entwickeln. Deshalb meine klare Empfehlung: Probier es aus. Und wenn Du Rückfragen hast, lass es mich wissen!

Viele Unternehmen klagen über den Fachkräftemangel. Ganz besonders kleine Unternehmen in ländlichen Gegenden leiden darunter. Die meisten Menschen versuchen, in Richtung Stadt zu ziehen. Damit wird der Pool potentieller Teammitglieder klein und der Konkurrenzkampf groß.

Das richtige Team ist entscheidend

In vielen Beiträgen schreibe ich darüber, wie Du als Nachfolger und Unternehmer auf die richtigen Mitreisenden achten sollst. Oder wie Du sie auswählst. Oder wie Du sie führst.

Das alles nützt aber nichts, wenn Du niemanden findest. Deshalb denke ich, dass gerade die Unternehmensnachfolge die Chance ist, über neue Wege nachzudenken. Einer dieser „neuen Wege“ ist das Thema Familienfreundlichkeit. In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit, älterer Führungskräfte mit anderer Sozialisation und oft einfacheren Tätigkeiten spielte es oft keine Rolle. Ein ehemaliger Kanzler nannte es auch „Gedöns“, was bis heute sinnbildlich für die Wertung des Themas ist. Das hat sich nun radikal verändert.

Die Gesellschaft ändert sich – die Unternehmen auch

In den letzten Jahrzehnten ist gesellschaftlich vieles passiert. Die Rollenbilder haben sich verschoben. Väter, die statistisch immer noch oft der Haupternährer einer Familie sind, haben neue Ansprüche an diese Rolle. Es reicht nicht mehr, abends kurz gute Nacht zu sagen und am Wochenende mit dem Nachwuchs zu spielen. Mütter wollen sich längst nich mehr nur um Nachwuchs oder Eltern kümmern, sondern auch Karriere machen. Teilzeitarbeitsmodelle genießen großen Zuspruch, selbst vormals undenkbare Führungspositionen werden mit reduzierter Stundenzahl ausgeübt. Das alles passiert, während die Menschen tendenziell weniger und älter werden, das Gesamtangebot also sinkt.

Für Unternehmen bedeutet das, dass ein Umdenken nötig ist. Die Nachfolge ist der ideale Zeitpunkt. Jeder Generationenwechsel ist auch die Chance für einen Kulturwechsel. Wo die Elterngeneration (nicht immer, aber oft) eher dem alten Bild anhängt, kennt die Nachfolgergeneration bereits die neue Realität oder lebt sie selbst vor.

Familienfreundlichkeit ist sowohl richtig, als auch nützlich

Für mich stellt sich die Frage schlichtweg nicht, ob diese Dinge sinnvoll sind. Selbst wenn sie nur Zusatzkosten verursachen würden (Spoiler: Das ist nicht der Fall!), wären sie einfach richtig. Unternehmen sind ein Spiegelbild der Gesellschaft. In dem Maße, in dem sich die Gesellschaft wandelt, müssen sich auch Unternehmen anpassen.

Aber vielleicht darf man auch konkret die Vorteile sehen. Familienfreundliche Unternehmen (mindestens im Saarland gibt es dafür auch ein Zertifikat als Nachweis) haben Vorteile im Wettbewerb um Fachkräfte. Wenn eine Mutter hört, dass es hier kein Problem ist, wenn das Kind krank ist, sie es unter Umständen sogar einfach mitbringen kann, dann kann das der ausschlaggebende Punkt für eine Bewerbung sein. Oder wenn ein Vater hört, dass hier auch andere Väter diese Rolle gemäß ihren Ansprüchen ausleben können, ist das Bonus. Wenn Familien generell immer auch Teil der „Unternehmensfamilie“ sind, weil sie bei allen Festen selbstverständlich dabei sind, bewerben sich Menschen, die diese Werte teilen.

Es kostet Geld – und spart Geld

Ein Eltern-Kind-Zimmer, wie ich es in meinem Unternehmen habe, ist nicht ganz günstig. Und ja, die Ausfälle wegen Krankheit, Betreuung, Pflege oder ähnlichem, es gibt sie. Sie stellen uns auch regelmäßig vor Herausforderungen, ganz besonders als kleiner Betrieb. Und dennoch möchte ich es auf keinen Fall anders. Denn das Team teilt meine Werte und geht dafür dann, wenn es notwendig ist, die berühmte „Extrameile“. So gleicht sich das Investment problemlos aus.

Dazu kommt, dass ich auch im Recruiting damit argumentieren kann. Selbst Menschen, die (noch) keine Familie haben, können sich damit angesprochen fühlen. Sie wissen, „hiermit kann ich auch in der nächsten Lebensphase planen“. Das reduziert Fluktuation, und damit Kosten.

Lange Rede, kurzer Sinn: Liebe Nachfolger, es gibt viele gute Gründe, die Umbruchssituation zu nutzen, um auch einen kulturellen Umbrauch herbeizuführen. Dafür sprechen höhere Motivation, verbessertes Recruiting, geringere Fluktuation und auch einfach Zufriedenheit. Informationen gibt es zum Beispiel bei der „Servicestelle Arbeiten und Leben“ oder beim Netzwerk „Erfolgsfaktor Familie“.

Ich spreche viel über das, was mich im positiven Sinn bewegt. Wie Du Dir allerdings sicherlich denken kannst, ist natürlich auch als Nachfolger und Unternehmer nicht immer alles eitel Sonnenschein. Mich hat ein Beitrag von Vanessa Weber auf Impulse.de darauf gebracht, auch mal ein paar Worte zu den dunklen Seiten dieser Rolle zu verlieren.

Motivation kommt von innen…

Wenn Du meinen Podcast hörst oder meinen Blog liest, weißt Du, dass ich Motivation für etwas halte, was von innen kommt. Es spielt keine Rolle, ob es dabei um Dein Team oder Dich geht.

Allerdings kann auch bei Dir etwas von außen kommen, und das ist Demotivation. Dazu habe ich einige Beispiele, Dir mir selbst begegnet sind:

Wenn Du ständig in Deiner Rolle hinterfragt wirst, stellst Du Dir vielleicht des Öfteren die Frage, was das ganze soll – als leitender Angestellter irgendwo wärst Du niemals derart im Fokus und könntest genauso gut, vielleicht noch besser, verdienen. Erschwert wird es noch, wenn Du selbst genau das Gegenteil tust, und im Zweifel lieber annimmst, dass Dein Gegenüber weiß, was er oder sie tut. Es ist nie leicht, wenn eigene Regeln nicht für einen selbst gelten.

Ein anderes Beispiel ist das sog. Imposter-Syndrom. Wer diesen Begriff googelt, findet dazu viele Einträge und Berichte. Im Prinzip besagt es, dass Du Dir, insbesondere dann, wenn es sehr gut läuft, oftmals selbst wie ein Betrüger vorkommst. Dann denkst Du Dir „meine Güte, so viel hab ich jetzt auch nicht getan, wie kann das so gut laufen…hoffentlich merkt keiner, dass ich es auch nicht wirklich besser weiß“, oder so ähnliche Gedanken. Dieses Denken kann stark an Deiner Motivation nagen – schließlich gibt es für Nachfolger und Unternehmer eher selten Feedback von außen zur eigenen Leistung und den Erfolgen.

…Demotivation von außen

Vergleichsmaßstäbe sind ein weiteres Beispiel dafür, wie Deine Motivation rapide sinken kann. In den Gruppen, in denen Du Dich berufsbedingt aufhältst, ist immer jemand (und ehrlich gesagt, meist kommt es Dir so vor, als seien es alle), der mehr drauf hat und erfolgreicher ist, als Du. Durch diesen zu Deinen Ungunsten ausgehenden Vergleich wirst Du weiter verunsichert. Allerdings weißt Du natürlich nie, wieviel Wahrheit Du von Deinem Gegenüber bekommst – viele Menschen sind einfach unehrlich in dieser Hinsicht, ob aus guten oder schlechten Gründen spielt keine Rolle. Der Effekt ist aber, dass Du immer weitere Anlässe zur Selbstkritik findest.

Alle genannten Beispiele haben gemeinsam, dass es Dir in Deiner Rolle an direkten, Dir wohlgesonnenen Feedbackgebern fehlt. Das ist normal, alleine statistisch. Die Selbständigenquote in Deutschland liegt bei etwa 10,5%, davon etwas mehr als die Hälfte Soloselbständige. Damit scheiden also rund 95% der Bevölkerung aus, wenn es um qualitatives Feedback geht.

Ein Patentrezept kann ich nicht bieten. Alle genannten Punkte treten bei mir mehr oder minder regelmäßig auf. Ich versuche, ihnen entgegen zu wirken, indem ich eine Mentorin in Anspruch nehme. Auch Partner oder Partnerin kann helfen, je nach Situation allerdings auch nur begrenzt. Bei Freunden ist es ähnlich, auch darüber habe ich bereits gebloggt – es ist schwer, die Situation eines anderen zu verstehen, wenn man sie nicht nachempfinden kann.

Mein wichtigster Tipp ist es, im eigenen Unternehmernetzwerk ein oder zwei Menschen zu finden, denen Du vertraust. Diese verstehen Deine Situation und öffnen sich auch Dir. So bekommst Du Feedback und siehst, dass auch andere sprichwörtlich „nur mit Wasser kochen“.

Einsamkeit

Das passt auch gut als Überleitung zum zweiten Punkt, der Einsamkeit.

Mit Menschen sprechen, unter Umständen auch mit vielen Menschen, ist Teil Deines Jobs. Das heißt aber nicht, dass Du auch ein echtes Verhältnis mit ihnen hast. Ganz im Gegenteil, es ist genauso, wie schon bei der Motivation beschrieben. Es gibt wenige, die Deine Herausforderungen verstehen, und davon ist auch nur ein geringer Teil für Dich als echter Freund oder echte Freundin passend. Die allermeisten Bekanntschaften sind genau das: Oberflächliche Bekanntschaften.

Nun kommt noch ein wichtiger Punkt dazu. Du wirst ja nicht in dieser Rolle geboren. Du hast ja vorher auch schon Freunde gehabt. Viele davon auch schon ein Leben lang. Du hast Partner oder Partnerin. Und trotzdem wirst Du oft einsam sein, weil Dir die Energie fehlt, im Gespräch all die Basisarbeit für gegenseitiges Verständnis zu legen, die erforderlich wäre, um sich wirklich gut auszutauschen. Manchmal führt das sogar dahin, dass langjährige Freundschaften zerbrechen. Ohne gemeinsame Basis ist das auch kein Wunder – das macht es nur leider nicht weniger schmerzhaft.

Es ist ein bitteres Gefühl zu wissen, dass Du alles gegeben hast und es dennoch nicht verhindern konntest. Denn der Preis wäre unter Umständen Dein Lebenstraum, Dein Team oder Deine Überzeugung gewesen. Gegen diese Bitterkeit habe ich kein Gegenmittel für Dich. Aus jüngster Erfahrung kann ich aber eines sagen: Bei den richtigen Menschen kann es wichtig sein, Deine persönliche Energiegrenze zu überschreiten und doch noch einmal viel zu erklären. Oder einfach mal darüber zu sprechen, wie Du Dich fühlst.

Ich finde, es ist wichtig, auch über diese schmerzhafte Seite zu sprechen. Alles andere wäre unehrlich und erlaubt es auch nicht, sich dabei zu helfen.

Zeit, und der Umgang damit

Lass uns abschließend noch ein wenig über Zeit sprechen. Es geht mir nicht darum, Dir zu erzählen, dass Du viel arbeiten musst. Ich denke, das sollte kein großes Geheimnis sein.

Allerdings führt Dich Deine operative Aufgabenlast, plus die Anforderungen Deiner Rolle als Nachfolger und Unternehmer zusätzlich, oft in ein Dilemma. Mir geht es sehr oft so. Der Kalender ist voll, die Aufgabenliste ebenso – selbst wenn die Prioritäten operativ klar sind, und Du alles in den „regulären“ Bürozeiten erreichst, kommen dennoch alle zwei Tage Einladungen zu hochkarätigen Networkingevents diverser Organisationen, zu spannenden Vorträgen oder tollen Weiterbildungsangeboten. Oh, und Du hast ja vielleicht noch Freunde und Familie. Alles in allem läuft es darauf hinaus, dass Du niemals alles wirst wahrnehmen können. Du wirst immer wieder Events verpassen, obwohl sie für Dein Business wichtig sind. Du wirst Dich mit Partner oder Partnerin um gemeinsame und eigene Zeit streiten, und viel seltener mit Freunden etwas unternehmen können, als Du gerne möchtest.

Zeit wird also zur wertvollsten Ressource, und dummerweise ist sie auch noch immer gleich. Du bekommst nie mehr, als Du hast. Das daraus resultierende Gefühl kann ich nur als frustrierend beschreiben. Obwohl mir intellektuell klar ist, dass ich nicht alles tun kann, nicht überall dabei sein kann, nicht allen gleich viel geben kann, obwohl ich das klar verstehe, bin ich oft unglaublich frustriert. Denn mich lässt das Gefühl nicht los, nicht doch etwas wichtiges zu verpassen, eine einmalige Chance, wenn ich nicht noch an diesem einen Event zusätzlich teilnehme, nicht diesen Skill lerne oder an dieser Idee forsche.

Ich vermute, ein Profi wie bspw. Ivan Blatter würde jetzt erst recht sagen „nimm Dir Zeit für Hobbys und Freunde“. Auch das verstehe ich intellektuell. Nur habe ich noch nicht für mich die emotionale Verknüpfung herstellen können. Die Konsequenz ist, dass ich tatsächlich kaum etwas anderes tue, als mein Business. Ich habe zurzeit kaum Hobbys, die mir Freude bereiten und nehme mir auch nicht die Zeit, eines zu finden – denn dazu müsste ich Dinge ausprobieren, für die mir die Zeit zu schade ist. Mit Freunden unternehme ich ab und zu etwas, allerdings viel seltener, als gut wäre. Die Organisation, die Verantwortung es zu tun, ist oft einfach zu viel. Nicht, weil ich diese Menschen nicht schätze, ganz im Gegenteil. Sondern weil ich permanent in Zeitnot und unter einem Mangel mentaler Kapazität  bin.

Auf der Habenseite bedeutet das natürlich, dass ich (hoffentlich) viel seltener als andere Menschen Zeit verschwende. Ich plane und manage meine Zeit sehr genau und bin mir deshalb auch genau bewusst, wofür ich sie ausgebe. Das alleine reicht aber nicht, um dem beschriebenen Gefühl entgegen zu wirken.

Ein Blick hinter die Fassade

Das war jetzt viel aus dem Nähkästchen geplaudert, und auch sehr offen. Bitte versteh diesen Text nicht falsch, sondern ordne ihn in den richtigen Kontext ein. Ich glaube fest daran, dass Wissen das beste Mittel gegen Vorurteile ist. Deshalb möchte ich mit meinem Podcast und meinem Blog ein ehrliches und umfassendes Bild für Nachfolger und Unternehmer zeichnen. Dazu gehört es in meinen Augen auch, einen Blick auf die dunklen Seiten, die alles im Leben hat, zu werfen.

Das heißt aber nicht, dass ich Dir davon abraten will. Im Gegenteil. Das Saldo ist absolut positiv. Ich kann mir nicht vorstellen, mit jemandem zu tauschen. Die Möglichkeit, Themen, die mir wichtig sind, zu bewegen, Menschen weiter zu entwickeln und in einem unglaublichen Team mitzuwirken, das möchte ich nicht missen. Und es übertrumpft die negativen Seiten ganz locker. Sie deshalb verschweigen halte ich dennoch für falsch.

Wir alle kennen sie. Die Mitarbeiter, die gefühlt schon immer da waren, die Synonym für das Unternehmen sind. Die eigentlich eine Inventarnummer brauchen. Was wir dabei oft vergessen ist, dass auch diese Menschen das Recht darauf haben, mal etwas neues kennenzulernen. Oder dass sie krank werden können. Wie gehst Du also damit um, wenn das passiert?

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne

Es klingt theatralischer, als ich es meine. Veränderung beginnt immer im Kopf. Das bedeutet, dass es entscheidend ist, wie Du als Nachfolger und Unternehmer damit umgehst. Du kannst natürlich bei Krankheit oder Eingang einer Kündigung verzweifeln. Oder Du nimmst es als Chance für Veränderung wahr. Denn alles, was sich lange einschleift, wird selten hinterfragt. Da Du das jetzt eh tun muss, ist es Deine Chance, hier wieder StartUp-Charakter einfließen zu lassen.

Der erste Schritt, der mir immer geholfen hat, war es, mit meinem Team zu sprechen. Die eigene Erwartung wird dabei oft überrascht. Oftmals sieht Dein Team nämlich auch Chancen – für die eigene Entwicklung, für Änderungen, für Verbesserungen…und ist gewillt, sich daran zu beteiligen.

Mit Deiner eigenen Energie und der der anderen kannst Du dann beginnen, die Position und Aufgaben der/des Ausscheidenden oder Erkrankten zu analysieren.

Alles hinterfragen, ganz besonders die Dinge, die immer so waren

Deine Analyse sollte dabei schonungslos sein. Im ersten Schritt kannst Du sicherlich am einfachsten hierarchische Rollen ausmachen, die nun offen stehen. Gibt es Zuständigkeiten oder Vorgesetztenverhältnisse neu zu bewerten? Muss Reporting angepasst werden? Wie lange ist der Ausfall und was kannst oder musst Du wissen, um es alles erfolgreich zu verteilen?

Der zweite Schritt ist komplexer und erfordert vermutlich viele Gespräche. Denn es gibt nur wenige Unternehmen, in denen alle Prozesse, Rollen und Zuständigkeiten perfekt dokumentiert sind. Meist ist das Gegenteil der Fall. Es gilt also herauszufinden, wo der/die Mitarbeiter/in zum Unternehmenserfolg beigetragen hat.

Diese Fragestellung habe ich bewusst gewählt, denn damit filterst Du auch gleichzeitig all das heraus, was verworfen werden kann. Alte Zöpfe können abgeschnitten werden. Auch in diesem Bereich musst Du entscheiden, was wie an wen verteilt wird.

Im dritten Schritt kannst Du dann einen Blick nach vorn werfen. Wenn der aktuelle Betrieb sichergestellt ist, und die Zuständigkeiten geklärt, welche Veränderungschance ergibt sich gerade? Du hast bestimmt Ideen, Dein Team aber auch. Tragt sie zusammen und nutzt diese Energie, Dein Business weiter zu entwickeln.

Und was ist mit Dir?

Du solltest Dich nie zu wichtig nehmen. Ganz im Gegenteil, ich behaupte, dass derjenige Unternehmer der erfolgreichste ist, der sich selbst komplett obsolet macht.

Allerdings ist das oftmals (noch) nicht der Fall. Gerade in kleineren Unternehmen hast Du selbst operative Aufgaben, und in aller Regel bist Du auch der Geschäftsführer. Im operativen Bereich gilt im Prinzip das gleiche, wie oben bereits beschrieben. Allerdings gibt es doch einiges zu beachten, wenn es um die Geschäftsführung geht.

Mach Dir also bewusst, auch Du kannst ausfallen. Ein mir bekanntes Unternehmen verlor vor einiger Zeit seinen Gründer – er kam einfach nicht mehr aus dem Urlaub zurück, weil er dort überraschend verstarb. Das hat schon viele Firmen in große Schwierigkeiten gebracht. Deshalb triff Vorsorge. Hier meine wichtigsten Tipps:

  • Sprich über diesen Fall. Dein Team hat dann nicht mehr Dich, der ihre konstruktive Energie lenkt, also kannst Du das nur vorher tun. Am besten, indem Du die folgenden Punkte beherzigt hast
  • Erteile mindestens einem Menschen (Einzel-)Prokura. So ist sichergestellt, dass rein juristisch alle operativ kurzfristig relevanten Entscheidungen auch verbindlich getroffen werden können
  • Habe Dein Erbe klar geregelt. Im besten Fall bekommt ein einziger Mensch all Deine Unternehmensanteile und kann so, als neuer Gesellschafter, einen neuen GF berufen
  • Dokumentiere die wichtigsten Dinge, die zu wissen sind. Das IHK Notfallhandbuch ist ein sehr guter Leitfaden. Du kannst es ggf. noch um eine Liquiditätsrechnung und -prognose ergänzen, das hilft der Person, die Deine Aufgaben übernimmt
  • Last, but not least: Arbeite aktiv darauf hin, selbst unnötig zu sein. Auch in einem kleinen Betrieb sollte Dir dieses Ziel immer vorschweben, denn nur wenn Du es in die Hand nimmst, kannst Du es erreichen

Vorsorge ist immer besser als Nachsorge

Wie Du dem oben beschriebenen entnehmen kannst, ist es immer gut, einen Plan zu haben. Für Dich selbst sowieso. Aber auch für Mitarbeiter in Schlüsselpositionen. Denn eines muss immer klar sein: Das Unternehmen darf niemals von einer einzigen Person abhängig sein. Nicht mal von Dir selbst.

Es gibt traditionell einiges, worüber wir im Unternehmen nicht sprechen. Geld dürfte dabei das größte Thema sein. Aber auch Ausblick, aktuelle Lage oder die Verfassung des Unternehmers und seine Aufgaben sind oft unterbeleuchtet. Aber warum eigentlich?

Über Geld spricht man nicht

So haben wir es von unseren Eltern gelernt, und in Unternehmen wird nicht darüber gesprochen. Es ist eher die Ausnahme, dass man weiß, wieviel die Kollegen verdienen oder wie sich das Gehalt zusammensetzt. Von den Chefs ganz zu schweigen. Klar, mit einem Tarifvertrag kann ich das extrapolieren. Aber die meisten Unternehmen sind nicht tarifgebunden.

Woher genau die Angst kommt, über das eigene Geld, das anderer und das des Unternehmens zu sprechen, weiß ich nicht. Es ist aber so, dass es selten passiert, geschweige denn gefördert wird. Ich frage mich oft, welcher Schaden potentiell entstehen kann. Neid? Unverständnis? Urteile gegenüber anderen? Vermutlich ist das so, wo Menschen arbeiten, da menschelt es. Allerdings verpasst man damit eine Chance. Denn das, was für Dich als Nachfolger und Unternehmer vielleicht völlig selbstverständlich ist, ist Deinem Team vielleicht gänzlich unklar. Ein einfaches Beispiel: Das Verhältnis von Umsatz, Kosten und Gewinn.

Ist doch einfach, oder? Aber nur, wenn Du dauernd damit zu tun hast

Nun magst Du glauben, dass jeder um Dich herum weiß, wie es sich mit diesen Variablen verhält. Das ist nicht so. Ich hatte bislang zwei Situationen, in denen ich offene Kommunikation zum Vorteil meines Teams und meines Unternehmens nutzen konnte.

Das erste Mal war ein Jahr, in dem es zahlreiche politische Entscheidungen gab bzw. nicht gab, was unseren Markt faktisch über 18 Monate lahm gelegt hat. Wir sind also mit einer Hypothek ins Folgejahr gestartet. Entlassungen wären ohne eine besondere Anstrengung unvermeidlich gewesen. Meine Mutter und ich haben damals das Team versammelt, und Tacheles geredet. Alle Karten auf den Tisch gelegt, inklusive der möglichen Konsequenzen. Ich weiß nicht, ob es ein Rezept für eine erfolgreiche Art und Weise gibt. Es sind ja zwei mögliche Reaktionen denkbar: Angst oder Motivation. Wir haben letzteres erreicht. Das Team hat die Offenheit honoriert, indem es eine besondere Leistung gebracht hat. Wir haben das Jahr überstanden und konnten auf dieser Basis weiter aufbauen. Ich glaube, ohne diese Offenheit wäre das nicht möglich gewesen.

Man kann nur ausgeben, was man hat

Die alte Weisheit ist so profan, dass man sich selten Gedanken darüber macht. Die zweite Chance, Offenheit zu nutzen, ergab sich bei den Jahresgesprächen im vergangenen Jahr.

Wir hatten erfolgreiche Jahre hinter uns, die Umsätze stiegen, wir konnten viele zurückgestellte Investitionen tätigen. Serverraum, Renovierung, Umbauten, neue Schreibtische, all das wurde getan. Natürlich haben wir auch die Gehälter angepasst. Für dieses Jahr allerdings kündigte ich ein Sparjahr an, trotz guter Auftragslage. Das hat viele im Team irritiert.

Für mich war es klar: Ich hatte noch eine sehr große Investition vor der Brust, und hatte weitere Gehaltsanpassungen eingeplant – im Endeffekt rechnete ich mit einer schwarzen Null. Auch der Begriff Sparjahr klang vielleicht dramatischer, als es von meiner Seite aus geplant war. Mir ging es darum, optionale Ausgaben zu vermeiden, die in vergangenen Jahren noch ohne weitere Überlegungen gemacht wurden.

Bei meinem Team kam etwas anderes an: Trotz einem Rekordumsatz nach dem anderen müssen wir sparen – irgendwas läuft hier schief, wir verstehen das nicht.

Es war eine Chance, zu lernen

Dieses Missverständnis wurde, dank unserer sehr offenen Gesprächskultur, schnell thematisiert. Und mir bot sich damit die Chance, einiges zu lernen und auch etwas weiter zu geben.

Ich habe mir alle Zahlen der vergangenen Jahre genommen und daraus Grafiken erstellt. Die beiden wichtigsten waren…

  • wie sich unsere Ausgaben prozentual verteilen (Menschen, Geräte, Lizenzen, usw.), und
  • die Gegenüberstellung von Umsatz- zu Ausgabenentwicklung, und zwar spezifisch auf die Menschen bezogen (effektiv: alle personalbezogenen Kosten).

Mit diesen Grafiken habe ich dann erläutert, wie sich unsere Kosten zusammensetzen, wie sich die Umsätze entwickelt haben und worin wir Gewinne investiert haben.

Der Termin war ein großes Aha-Erlebnis. Ich konnte meinem Team zeigen, dass die Ausgaben für sie exakt parallel zu den Umsätzen stiegen. Mit anderen Worten, was wir mehr erlösten floss und fließt ins Team. Auch den Begriff „Sparjahr“ habe ich erläutern können, denn er klang dramatischer, als es wirklich gedacht war. Das zeigte mir noch einmal, wie wichtig Kommunikation als Führungskraft ist! Und das Team gab mir viel positives Feedback und wir konnten diese Transparenz, auch mit Zahlen, in unsere Kultur einbauen. Jetzt wird nämlich aktiv danach gefragt und es auch als Motivation und Hilfe bei der Zielsetzung erkannt. Und sie verstehen, warum Umsätze alleine noch keine Aussage darüber treffen, wie erfolgreich wir sind.

Die Erkenntnis: Transparenz lohnt

Dieses Erlebnis hat mir und meinem Team viel gebracht. Gegenseitiges Verständnis, Offenheit und Klarheit über das, was die Arbeit jedes einzelnen zu den Unternehmenszielen beiträgt. Ich kann es nur empfehlen, es auch mal zu versuchen. Nicht offen zu kommunizieren war, rückblickend, ein viel größeres Risiko.