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Wenn ein Unternehmen wächst, wird zwangsläufig der Punkt kommen, an dem Du als Nachfolger und Unternehmer nicht mehr alle im Team direkt führen kannst. Eines gleich vorab: Mir geht es hier um Leadership, nicht darum, Aufgaben zu verteilen. Letzteres ist keine Führung in meinen Augen. Damit Du also nicht zum Engpass für Deine Unternehmensentwicklung wirst, werden Dich Menschen in der Führung unterstützen müssen. Aber was genau suchst Du dabei?

Es kann helfen, Deine Erwartungen schriftlich festzuhalten

Ich arbeite gerade unter anderem an etwas, was ich für mich als Führungskodex bezeichne. Darin will ich klar festhalten, was meine Erwartungen an eine Führungskraft sind. Die allermeisten Punkte, die ich bislang erarbeitet habe, sind Übungssache. Deshalb halte ich den Kodex auch für so wichtig, weil er eine Beschreibung der Entwicklung einer Führungskraft ist.

Auf der Wissensebene steht darin nicht viel. Eher im Gegenteil. So möchte ich zum Beispiel nicht, dass eine Führungskraft die meiste Fachkenntnis hat. Eher im Gegenteil, wenn ich wählen muss. Natürlich freue ich mich, wenn jemand Ahnung von einem Fachgebiet hat. Aber das Fachgebiet einer Führungskraft ist Führung. Und genau deshalb steht es so im Kodex. Nur allzuoft wird die beste Fachkraft zur Führungskraft befördert, was eigentlich niemandem hilft. Man kann nicht führen, wenn man das nicht möchte. Und Fachkenntnis befähigt einen auch nicht dazu.

Verhaltensweisen sind viel wichtiger als Wissen

Wo ich sehr viel mehr Erwartungen habe, ist im Bereich des Verhaltens und des Mindsets. Einige Beispiele:

  • Ein Leader sollte verlässlich in seinem Verhalten sein. Menschen, die in einem Moment anders reagieren als im nächsten, sind für ihre Teams schwierig. Sicherheit, das Gefühl immer alles sagen zu können, ist für den Erfolg eines Teams elementar wichtig. Damit diese Sicherheit gegeben ist, braucht es Führungskräfte, die diese Sicherheit geben. Durch Worte, aber vor allem durch ihr eigenes Verhalten.
  • Die Fähigkeit zum Zuhören ist enorm wichtig. Wie oft ich mich selbst dabei ertappe, wie ich durch Reden die Chance verpasst habe, wichtige Information zu hören, kann ich kaum zählen. Deshalb übe ich regelmäßig, und erwarte das auch von anderen Führungskräften.
  • Damit zusammenhängt auch die Fähigkeit, Fragen zu stellen. Wer nur Aussagen trifft, führt nicht, sondern verteilt Aufgaben. Denn er geht davon aus, alles schon zu wissen. Diese Annahme ist in aller Regel falsch, weshalb Fragen stellen elementar wichtig ist.
  • Eine Führungskraft braucht ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein gepaart mit dem Fokus auf Teamwork. Über letzteres sprechen wir alle oft. In der Realität ist es aber so, dass nur dann erfolgreiche Teams entstehen, wenn jedes einzelne Element den eigenen Beitrag dazu begreift und für die eigenen Ziele und Ergebnisse die volle Verantwortung übernimmt. Die Teamleader müssen da mit gutem Beispiel voran gehen.

Das waren jetzt vier von vielen Punkten, die ich von Leadern erwarte. Was sind denn Deine persönlichen Anforderungen?

Eine polarisierte Welt haben wir. Donald Trump ist Präsident der USA und nutzt jede Gelegenheit, die Welt in Gut und Böse zu unterteilen. Wer nun glaubt, in Deutschland sieht es anders aus, liegt aber falsch. Man könnte sicherlich argumentieren, hier fehlt es an Debatten. Das ist eine Folge von vielen Jahren großer Koalition. Aber was den Diskurs zu Positionen angeht, sind wir nicht besser. Im Gegenteil.

Du bist Nazi oder Gutmensch

An der ganzen Debatte um Migration seit 2015 zeigt sich, dass wir hier exakt genauso operieren, wie Trump. Denn in dieser Frage gibt es, gefühlt, nur zwei Pole. Äußerst Du Kritik an der Flüchtlingspolitik, bist Du Nazi. Äußerst Du Dich positiv, bist Du Gutmensch.

Ich würde ja gerne erleben, dass es mehr als eine Dualität von Meinungen gibt. Und mir fehlt dann auch der nächste Schritt. Denn nach einer groben Positionsbestimmung zu einem Thema („ich bin dafür“ oder „ich bin dagegen“) sollte eigentlich der nächste Schritt kommen: Der inhaltliche Austausch. Was genau findest Du an einem Thema besonders diskussionswürdig? Was sind die Alternativen? Warum bevorzugst Du bestimmte Varianten gegenüber anderen?

Wie wäre es, wenn wir wieder miteinander sprechen?

Ich fände es toll, wenn wir, meinetwegen gerne begonnen beim Thema Migration, beginnen, wieder miteinander zu sprechen. Es gibt nämlich in diesem, wie in jedem Thema, Punkte, über die man unterschiedlicher Ansicht sein kann und darf. Und das ist auch der erste Schritt – zu akzeptieren, dass Meinungen Teil einer guten Diskussionskultur sind. Und dabei vielleicht auch zu erkennen, dass die Welt in Schwarz und Weiß zu unterteilen möglicherweise der echten Komplexität nicht gerecht wird.

Ich, für meinen Teil, möchte weder glauben, dass alle Geflüchteten „gut“ oder „böse“ sind, noch möchte ich glauben, dass eine Wahlentscheidung automatisch eine Überzeugung für alle Positionen einer Partei beinhaltet. Mir erscheint das zu einfach.

Mein Vorschlag: Hört zu und redet dann

Wenn wir wirklich etwas bewegen wollen, gilt in diesem Thema das gleiche wie in der Führung eines Unternehmens: Hört zu. Und wenn dann der Impuls zum Sprechen da ist, unterdrückt ihn. Und hört weiter zu. Stellt Fragen zum Verständnis.

Wenn ihr alles gehört habt, dann ist es Zeit zu sprechen. Positionen auszutauschen. Den Gegenüber, mit all seinen Sorgen, Nöten, Überzeugungen, und was ihn oder sie sonst ausmacht ernst nehmen. Ja, das kann immer noch bedeuten, dass es am Schluss wirklich ein „Nazi“ oder ein „Bahnhofswinker“ (Achtung – ich benutze bewusst Begriffe der beiden Lager. Das heißt nicht, dass ich selbst in solchen Begriffen denke) ist. Es kann bedeuten, dass Positionen unvereinbar bleiben.

Aber es schafft auch die Chance, wirklich etwas zu verbessern. Denn in jedem Thema gibt es Dinge, die man selbst nicht wahrnimmt, versteht oder kennt. Deshalb ist Diskurs so immens wichtig. In der Führung, im Unternehmen und in der Gesellschaft.