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Von vielen bekannten Unternehmerinnen und Unternehmern höre ich, dass es einen großen Mangel an Auszubildenden gibt. Stellen bleiben unbesetzt, oder die Zahl der Bewerbungen entspricht nicht der Hoffnung. Die Gründe für den Azubimangel sind vielfältig. Vielleicht ist das aber auch die Chance, der Ausbildung wieder den Stellenwert zu geben, den sie verdient.

Demographie ist erst einmal gegeben

Es gibt Dinge, die sich nur auf lange Sicht ändern lassen. Der Demographische Wandel ist so etwas. Selbst wenn nun plötzlich alle jungen Menschen wieder mehr Kinder bekommen und sich das fortsetzt – es würde einige Generationen dauern, um wieder auf das Niveau der Babyboomer-Zeit zu kommen.

Somit ist es also unvermeidbar, dass bei gleichbleibender Zahl von Ausbildungsplätzen die potentiellen Bewerberinnen und Bewerber die freie Auswahl haben. Die logische Folge: Die Unternehmen haben weniger Bewerber und damit auch eine geringere Chance auf passende Bewerber.

Dabei ist die Ausbildung in Deutschland etwas besonderes. In vielen Bereichen genießt sie zu Unrecht einen schlechten Ruf. Es ist mitnichten so, dass nur ein Studium zu hohen Einkünften führt. Wer zum Beispiel handwerklich begabt ist, kann mit einer entsprechenden Ausbildung bald lukrative Betriebe übernehmen und damit vermutlich mehr erzielen, als mancher studierte Mensch.

Die Qualität muss im Vordergrund stehen

Der Mangel ist auch die Chance, das bisherige Vorgehen zu hinterfragen. Aus meiner Sicht müssen alle Betriebe hier arbeiten, eine wirklich gute Ausbildung zu leisten. Dabei geht es mir weniger um das Ausbildungsentgelt. Denn egal ob das 1.000€ oder 1.400€ sind – in der Ausbildung wird man nicht reich. Und das ist auch nicht das Ziel, sondern eine gute Fachkraft auszubilden.

Hier gibt es, in meiner Wahrnehmung als IHK-Prüfer und Ausbilder, noch einiges zu tun. Viele Betriebe sehen in Azubis eher billige Arbeitskräfte. Dass das dann nicht mit vielen Bewerbungen und einem guten Ruf gewürdigt wird, ist eigentlich logisch.

Wenn man allerdings Ausbildung ernst nimmt und drei Jahre in einen Menschen investiert, kann es zu einem Erfolgsmodell für beide Seiten werden. Dazu gehören aus meiner Sicht die Wertschätzung von Azubis und die Investition in sie durch den Betrieb – aber auch die Lernbereitschaft und der Willen zur Annahme auf Seiten der Auszubildenden.

Wenn beide mitziehen, profitieren beide

In der ganzen Diskussion wird, aus meiner Warte, zu viel auf das Thema Geld geschaut. Eine ordentliche Ausbildung kostet nicht nur das Entgelt des Azubis. Dazu kommt etwa 50% eines erfahrenen Mitarbeitenden sowie potentielle Umsatzausfälle durch die Bindung dieses Mitarbeitenden in der Ausbildung. Und natürlich noch Werkzeuge, Fortbildungen, und vieles mehr.

Das mal klar zu machen und auch zu leben, also diesen Invest zu tätigen, wird es auch im demographischen Wandel Unternehmen ermöglichen, die passenden Auszubildenden zu finden.

Und es ist auch sinnvoll, keine Perfektion zu suchen. Bei meiner Mentorin in der Küche hängt ein Zitat: “Don’t worry about perfection. You won’t achieve it.“. Genau so ist es mit den Auszubildenden. Es ist unsere Aufgabe als Ausbilder, aus Rohdiamanten etwas zu schleifen, nicht zu erwarten, dass sie fertig zu uns kommen.

Beide Seiten brauchen realistische Erwartungen

Es ist also notwendig, dass beide Seiten aufeinander zugehen und die Erwartungshaltung übereinstimmt. Dann hat das wunderbare Modell der Ausbildung auch heute noch jede Menge Zukunft.

Bildquelle: Timo Klostermeier  / pixelio.de

Wir sprechen oft über “Trennung auf Augenhöhe”, wenn wir uns von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern trennen. Aber was damit gemeint ist, wird selten klar. Ich hatte diese Herausforderung, über die ich schon desöftern geschrieben habe, erneut. Und dieses Mal habe ich das Gefühl, dass diese Art der Trennung gelungen ist.

Trennung sagt nichts über den Menschen aus

Die vielleicht wichtigste Grundlage ist, dass die Trennung von einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin selten etwas über diesen Menschen aussagt. Ganz im Gegenteil: In den allermeisten Fällen sind es völlig sachliche Gründe. Auftragslage, strategische Änderungen, Corona… es gibt viele Gründe. Und die meisten sind sehr sachlicher Natur.

Das ist, in meinen Augen, auch eine wichtige Haltung, wenn man die Trennung auf Augenhöhe hinbekommen will.

Klarheit und Transparenz

Mit dieser Haltung ist es wichtig, völlig klar zu sein. Die Entscheidung, sich zu trennen, sollte durchdacht, begründet und nochmal überschlafen sein. All das solltest Du Dir, sinnvollerweise, aufschreiben. Beim Schreiben merkt man oft, wo man vielleicht noch nicht klar in Argumentation und Sprache ist.

Dann folgt das Gespräch. Hier ist es wichtig, ebenfalls klar zu sein. Es ist nie schön, sich zu trennen. Für keine der beiden Seiten. Aber da Du der Entscheider bist, ist es Deine Verantwortung, hier voran zu gehen. Sag was Sache ist. Sag warum es so ist. Und dann sprich über das weitere Vorgehen.

Wertschätzung zeigen

Das weitere Vorgehen ist auch extrem wichtig. Welches Angebot machst Du dem Mitarbeitenden? Wie gehst Du die notwendigen Schritte und kommunizierst die Entscheidung an das restliche Team? Hierin kannst Du Wertschätzung zeigen. Ja, man trennt sich gerade. Aber in der Vergangenheit hat man gut miteinander gearbeitet. Das sollte man nicht vergessen.

Und es gibt weitere Möglichkeiten, bei einer Trennung auf Augenhöhe Wertschätzung zu zeigen. So kannst Du nicht nur ein gutes Zeugnis ausstellen, sondern auch aktiv helfen. Gerade, wenn das Skillset eines Mitarbeitenden nicht mehr zu den Zielen des Unternehmens passt, kann es ja zu denen eines anderen Unternehmens passen. Eines, das Du vielleicht kennst. Den Kontakt herzustellen kann die Tür für den Mitarbeitenden öffnen. Du kannst Ratschläge geben, oder bei Bewerbungen helfen.

Man sieht sich immer zwei Mal

Nun könntest Du argumentieren, dass der Aufwand nicht nötig ist. Und vielleicht ist er es auch nicht. Vielleicht hilfst Du auch nicht. Es gibt aber die Redensart, dass man sich immer zwei Mal im Leben sieht.

Ehemalige Mitarbeitende sind auch Botschafter Deines Unternehmens. Sie sprechen über Ihre Zeit bei Dir, über Deine Führung und auch über die Trennung. Sie bewerten Dich und sprechen darüber. Damit sind sie zum Beispiel ein wichtiger Einflussfaktor auf Recruiting – denn wenn man sich auf Augenhöhe getrennt hat, wird auch die Trennung kein Hindernis sein, Dich als Arbeitgeber zu empfehlen.

Und es sagt auch etwas über Dich aus. In der nächsten Station kann die Person weiter wachsen. Du warst ein Teil ihres Weges. Das größtmögliche Kompliment, dass Du als Leader bekommen kannst, ist es zu sehen, wie jemand weiter wächst.

Deshalb glaube ich, dass dieser Weg besser ist, als die reine “einseitige Willenserklärung“, wie die Juristen sagen.

Bildquelle: Timo Klostermeier  / pixelio.de

Episoden

Stefan Hund ist ein Mensch mit ungewöhnlichem Lebenslauf. Er ist Pfarrer, Klinikseelsorger, Coach, Mentor und Begleiter. Zudem ist er seit vielen Jahren in der Wirtschaft engagiert. Im Rahmen seiner vielen Aktivitäten hat er oft mit der Nachfolge zu tun – sei es als Berater des Abgebenden oder als Mentor des Übernehmenden.

Bei allen betriebswirtschaftlichen und strategischen Aspekten kommt ihm dabei eines oft zu kurz: Die Gefühlswelt der Beteiligten. Deshalb habe ich ihn zu einem (kurzen) Gespräch über das loslassen können und das übernehmen wollen gebeten.

Beides sind Aspekte, die nicht immer offensichtlich sind, denen man aber für eine gelungene Nachfolge gerecht werden sollte.

PS: Bitte entschuldige die teils nicht immer perfekte Audioqualität der Episode.

Links zur Episode:

Nachfolgen in kleinen Unternehmen sind schon eine Herausforderung. Mit 1400 Mitarbeitern ist es eine Riesenaufgabe. Dieser hat sich Christian Weber gestellt. Sein Unternehmen, die Karlsbergbrauerei, ist im Saarland eines der bekanntesten Familienunternehmen. Dementsprechend waren und sind viele Augen auf ihn gerichtet.

Im Gespräch erzählt er von seinem Werdegang und wie er mit seinem Vater die Übergabe geplant und durchgeführt hat. Christian spricht auch viel über das geänderte Wesen von Führung, und welches Menschenbild dahinter steht. Dem Begriff “Wertschätzung” kommt dabei besondere Bedeutung zu.

Heraus gekommen ist ein einstündiges Gespräch mit vielen guten Impulsen für Nachfolger und Abgebende. Viel Spaß beim Hören!

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