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Copyright-Hinweis für das Beitragsbild: By CCP Games – en:EVE Online, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4321549

Nein, ich bin noch nicht völlig abgedreht, keine Angst. Wie viele Menschen spiele ich Computerspiele. Da ich an der Quelle saß, seit frühester Kindheit. Was damals noch neu und wenig verbreitet war, ist heute Mainstream. Die Industrie setzt mittlerweile mehr um als Hollywood. Und praktisch jeder spielt – nicht alle intensiv, aber fast jeder irgendwie.

Komplexe Spiele, komplexe Rollen… viel zu lernen!

Wenn man unterschiedliche Typen einteilen möchte, falle ich nicht unter den sogenannten „Casual Spieler“. Ich habe nicht mehr so viel Zeit wie früher, aber ich bevorzuge das, was man als AAA-Titel bezeichnet, oder langfristige Spiele wie MMO’s, gegenüber beispielsweise kleinen Spielen auf Tablets oder Mobiltelefonen.

Meine aktuelle Leidenschaft gilt Eve Online – ein Spiel, dass so komplex ist, dass viele es als „Arbeit nach der Arbeit“ bezeichnen. In meiner Spielergruppe (in Eve „Corp“ genannt) gibt es einen Podcaster. Alexander hat es sich zur Aufgabe gemacht, in seinem Podcast, oft mit Hilfe von Gästen, Spielmechaniken und Inhalte zu erklären und zu beleuchten.

Auf der Fahrt zu einem Kundentermin habe ich heute seine Episode zur Rolle des Fleet Commanders in Eve Online gehört – und fand sie klasse. Der Gast, Fork, ist mir bekannt, da ich auch schon unter seinem Kommando spielte. Zugegeben, aufgrund von Forks Sprechtempo (ja, man gewöhnt sich daran) und den vielen Begriffen aus dem Spiel ist der Podcast nicht einfach zu verarbeiten.

Auf das darin erwähnte „Beiblatt“ allerdings möchte ich hier eingehen.

Die virtuelle Welt ist keine abgetrennte – Es ist ein Teil der Welt

In der Beilage schreibt Fork die wichtigsten Eigenschaften eines FC und die Anforderungen an die Rolle auf. Und wenn man mal neutral darauf schaut, merkt man, dass vieles davon auch für Nachfolger und Unternehmer, oder Führungskräfte im Allgemeinen, wichtig ist.

So ist eine dieser Anforderungen effektiv Resilienz. Die Aufforderung, nicht „einzufrieren“ unter Druck ist zusammen mit dem schnellen Denken eine sehr nützliche Eigenschaft. Dir werden immer wieder neue Situationen begegnen. Manche davon werden sogar existenzbedrohend sein. Nicht in Panik zu verfallen und schnell das eigene Hirn nutzen hilft dabei ungemein.

Auch Delegation und den Überblick behalten sind, in meinen Augen, sehr wichtige Fähigkeiten. Als Soloselbständiger mag das anders sein, aber sobald Du ein Team hast, musst Du lernen, Dinge abzugeben. Nicht nur zu Deinem Wohl, sondern auch zu dem des Unternehmens. Schließlich hast Du sicherlich keine Trottel eingestellt, sondern Menschen, die etwas besser als Du können. Dann solltest Du ihnen auch die Chance dazu geben. Gleichzeitig bleibt die Verantwortung bei Dir. Überblick behalten ist also missionskritisch für den Teil, den Du in das Team einbringst. Von Resistenz gegen Burnout und dem Umgang mit Niederlagen, die auch erwähnt werden, ganz abgesehen.

Obwohl ein Teil des Reizes ausprobieren ist, lohnt Authentizität

Wie im Spiel kannst Du auch in Deiner Firma eine Persona kreieren, die Du sein möchtest. Du kannst im Unternehmen effektiv ein anderer Mensch sein, als außerhalb. Das ist mit großer Anstrengung verbunden. Persönlich denke ich, dass es zwar reizvoll ist, aber auf lange Sicht zu anstrengend und zu schädlich, wenn es schief geht. Authentizität ist etwas gefühltes. So wie Fork beschreibt, dass ihm vermutlich niemand den fluchenden und randalierenden Fleet Commander dauerhaft abnimmt, so ist es auch bei Dir. Deine Persönlichkeit wird immer wieder durchscheinen – deshalb kannst Du, finde ich, das auch zur Tugend machen.

Klare Kommunikation ist in jeder Führungsrolle wichtig. Ob ich 200 Menschen in einer Eve-Flotte leite, oder ein Unternehmen, für beides ist es gleich wichtig. Klarheit in Ton und Inhalt Deiner Kommunikation ist ein echtes Markenzeichen guter Führung. Das gleiche gilt für mich für emotionale Stabilität. Menschen schätzen es, wenn sie Deine Reaktion einschätzen und prognostizieren können. Einmal ruhig zu bleiben und das andere Mal zu schreien wird dafür sorgen, dass Dein Team nur noch mit guten Nachrichten zu Dir kommt. Im Ergebnis wirst Du scheitern, denn Du erhältst die oftmals wichtigeren schlechten Neuigkeiten gar nicht oder zu spät. Und kannst dafür effektiv nur Dich verantwortlich machen.

Motivation kannst Du unterstützen – und beim Spielen lernen

In Krisen ist Motivation enorm wichtig. Ob Deine halbe Flotte gerade zerstört wurde oder in Deinem Unternehmen ein wichtiger Kunde wegbricht, es hat Auswirkungen auf die Beteiligten. Dein Team kannst Du nicht unbedingt selbst motivieren – ich schreibe ja oft, dass Motivation von innen kommt. Du kannst aber die Rahmenbedingungen schaffen, dass sie hoch bleibt. Ein guter und wertschätzender Umgang, Ruhe und Zuversicht sowie Verlässlichkeit – also alles was oben genannt wurde, trägt dazu bei.

Du siehst, Spiele sind kein Kinderspielzeug. Du kannst daraus viel lernen. Ich habe meine ersten wirtschaftlichen Zusammenhänge dank diversen Wirtschaftssimulationen erlernt. Aber selbst dort, wo das Spiel offensichtlich in einer fiktiven Zukunft stattfindet, kannst Du viel lernen – und es macht richtig Spaß, auf diese Art zu lernen!

Vor einigen Monaten laß ich einen Beitrag von Matei Gavril auf Entrepreneur.com. Leider ist der Artikel dort nicht mehr verfügbar, als PDF kannst Du ihn aber noch nachlesen (Copyright Entrepreneur.com und Matei Gavril). Es ging darum, dass sich Unternehmer fünf Fähigkeiten und Eigenschaften bei anderen Berufsgruppen abschauen sollten. Darüber habe ich eine Weile nachgedacht. Ich habe mir überlegt, wie meine Erfahrung als Nachfolger speziell mit diesen fünf Bereichen ist. Das Ergebnis sind die fünf Fähigkeiten, die Du als Nachfolger und Unternehmer lernen solltest. Mit einigen vielleicht ungewöhnlichen Tipps.

Risiken

Die Fähigkeit, Risiken einzugehen, ist für Dich unerlässlich. Von der kleinen Investition bis hin zur gesamten Firmenstrategie, Risiken sind Teil Deines Jobs. Gavril empfiehlt, sich hierbei an Chirurgen zu orientieren, weil sie jede emotionale Bindung an den Patienten beiseite schieben können. Nur so seien sie in der Lage, ihre Arbeit erfolgreich zu machen und dabei auch riskante Entscheidungen zum Wohl des Patienten zu treffen.

Im Großen und Ganzen bin ich da bei Gavril. Es ist wichtig, sich nicht von Emotionen leiten zu lassen. Dabei kommt es jedoch auf den Kontext an. Wenn es um Dein Team und Eure Werte geht, verbietet sich eine rationale Betrachtung. Sie wäre sogar massiv kontraproduktiv! Ein Nachfolger, der keine emotionale Bindung an das, was sein Unternehmen ausmacht, hat? Für mich undenkbar.

Es ist in Ordnung, wenn Du Emotionen verspürst. Auch Angst. Du solltest damit aber umgehen können. Die rationale Betrachtung von Herausforderungen, zum Beispiel bei einem Rechtsstreit, hilft Dir dabei. Für mich heißt mit Risiken umgehen zu lernen, dass Du so gut es geht kalkulierst und dann Deinem Bauch und Deinem Team vertrauen solltest.

Ein Beispiel aus meiner jüngeren Vergangenheit fällt mir dazu ein: Wir hatten mal eine Auseinandersetzung mit einem Kunden. Es ging dabei um den Inhalt eines Auftrages und ob dieser erbracht sei oder nicht. Auf einer emotionalen Basis wäre ich in den Konflikt gegangen – ein Risiko.

Dank der guten Ratschläge meines Teams bin ich dieses Risiko nicht eingegangen. Wir haben gemeinsam kalkuliert, wie Auftragsvolumen und mögliche Konsequenzen wie Aufwände, Kosten und nicht quantifizierbare Folgen (insbesondere Ruf) in Relation stehen – und dann gemeinsam nach Bauchgefühl entschieden, den Konflikt nicht zu suchen. Wie sich im Nachhinein herausstellte, war es eine kluge Wahl, wenn auch eine schwere.

Mein wichtigster Tipp für Dich: Zwischen kalkuliertem Risiko und übertheoretisieren ist ein schmaler Grat. Vorsicht, auf welcher Seite Du landest!

Durchhaltvermögen

In einem Gespräch mit Heiko Banaszak beim Business Podcast Saarland betonte dieser die Bedeutung von Resilienz für den beruflichen Erfolg. Das ist bei Dir nicht anders.

Es ist einfach, den Steuermann zu geben, wenn die Sonne scheint und alles läuft. Allerdings ist das nicht immer so. Du wirst scheitern, mal kleiner, mal größer, und das fast täglich. Mir passiert das zum Beispiel bei Ausschreibungen, in die wir viel Energie und Herzblut investieren, die wir aber auch mal verlieren. Oder bei der Rekrutierung von neuen Teammitgliedern. Manchmal entscheidet sich der Bewerber nicht für Dich, obwohl Du das Gefühl hast, er oder sie sei perfekt.

Als Nachfolger und Unternehmer nimmst Du das alles mit heim. Und zwar nicht nur weil es Dein Job ist, sondern weil es richtig ist. Es ist Deine Aufgabe, mit den Schatten klar zu kommen, damit Dein Team unbelastet nach vorne schauen kann! Du musst es aushalten.

Ich bin ein schlechter Verlierer. Meiner Erfahrung nach hilft es aber, mit Gleichgesinnten und dem Partner/der Partnerin zu sprechen. Im Familienunternehmen kommt vielleicht noch jemand anderes in Frage, in meinem Fall z. B. meine Mutter.

Aber Vorsicht: Es geht nicht darum, bei diesen Leuten abzuladen. Die Verantwortung bleibt bei Dir und muss es auch. Was Du aber tun kannst, ist Dir einfach Deine Emotion von der Seele zu reden und mit der außenstehenden Perspektive einfach nur eine andere Sichtweise bekommen.

Das klingt nach nicht viel, macht aber meiner Erfahrung nach bei den allermeisten Problemen das entscheidende Stück aus – denn danach kann man die Herausforderung rational analysieren. Hinterfragt Euch zuerst, dann alles andere. Finde heraus, was schief gelaufen ist und mach es beim nächsten Mal besser.

Auch hier ein kleiner Tipp: Schreib Dir jeden Tag eine Sache auf, die toll war. Und jeden Tag eine Sache, die Du hättest besser machen können. Beides regelmäßig wieder anschauen nicht vergessen!

Verhandeln

In dem Artikel wird Verhandlung als Kernkompetenz angeführt. Das ist auch nicht falsch, jeder Nachfolger wird in Situationen kommen, in denen er verhandeln muss. Einkauf, Personal, Vertrieb, bei Aufträgen…

Es gibt dafür Kurse, die ich bislang nie besucht habe. Ich halte mich auch nicht für ein Naturtalent. Es geht mir wie vielen, dass ich die Vorstellung eines Basars unangenehm finde.

Ich habe deshalb für mich einen Weg entwickelt, mit dem ich bislang gut fahre:

  • Wenn ich keine Ahnung habe (was für gute Verhandlungen wichtig ist) eigne ich sie mir an – oder nehme die passenden Menschen mit. Mein Team hat mich hier immer unterstützt und ich erziele damit gute Ergebnisse
  • Ich versuche den Weg abzukürzen. Statt das Spiel von Angebot und Gegenangebot zu spielen, versuche ich direkt zum Ziel zu kommen, indem ich den Gegenüber als Partner begreife und ganz offen mit den jeweiligen Interessen umgehe. Das kann man auch sagen, gerade in Netzwerken
  • Wenn ich merke, dass der Verhandlungspartner sich nicht darauf einlässt, möchte ich nicht mehr mit ihm verhandeln. Deshalb habe ich mir vorher Gedanken über einen guten Outcome gemacht. Wird dieser verfehlt, gehe ich das Geschäft nicht ein. Dann sage ich das und verabschiede mich höflich. Man sieht sich immer zwei Mal im Leben

Mit diesen Mitteln vermeide ich das klassische Verhandeln so gut es geht und finde auch Menschen, denen es ähnlich geht. Das sind oft die besten Partner für Dich.

Problemlösung

Hier bin ich voll beim Autor des Artikels. Problemlösung ist eine wichtige Kompetenz. Wenn ich meinen Tag plane, funktioniert es praktisch nie, wenn ich mir mehr als 3 Dinge vornehme – weil das „Tagesgeschäft“ dazwischen kommt.

Was für Dein Team das Tagesgeschäft ist, ist für Dich als Nachfolger die Führungsaufgabe. Kleine und größere Problemchen kommen praktisch täglich auf Dich zu. Beschwerden von Kunden, Ausfälle im Team, nicht gezahlte Rechnungen, eine nervöse Bank, oder gar das Scheitern eines Projekts und vieles andere mehr.

Hier hilft das, was ich schon zum Thema Risiko sagte. Kurz Dampf ablassen, dann so emotionslos wie möglich an die Sachlage herantreten. Und unbedingt andere einbeziehen. Bitte pass auf, dass Du nicht den Druck der Entscheidung oder der daraus resultierenden Konsequenzen auf dem Team ablädst, sondern sie nur in die sachliche Analyse und die Lösungswege einbeziehst. Meiner Erfahrung nach bringt das tolle Ergebnisse. Je nach Unternehmensgröße natürlich nicht alle bzw. eine kleine Gruppe.

Die Nachfolge ist ein Spiel ohne Savegame, sozusagen der Iron Man Mode für die Spieler unter uns. Es macht aber auch großen Spaß, die großen und kleinen Problemchen jeden Tag zu lösen und die damit verbundene Abwechslung zu haben. Dazu musst Du aber auch akzeptieren, dass Du nicht immer richtig entscheidest. Dann gilt: Mund abwischen und weiter machen.

Was Dir und Deinem Team dabei helfen kann, ist auch die kleinen Erfolge zu feiern. Wir haben immer Sektgläser und Grill im Haus – und nutzen die auch oft spontan. Das hilft dabei, Druck heraus zu nehmen und sich die (kleinen) Erfolge bewusst zu machen.

Erklären

Die Fähigkeit, Dinge erklären zu können, ist für mich ein absoluter Kern guter Führung. Damit Du Menschen auf Deine Reise mitnehmen kannst, musst Du Ihnen viele Dinge erklären. Drei Fragen helfen mir immer dabei:

  1. Wo geht es hin,
  2. warum auf diesem Weg, und
  3. auf was müssen wir uns vorbereiten?

Diese drei Fragen passen für mich auf fast jede Situation, ob Du die Firmenstrategie der kommenden 20 Jahre erläuterst, oder die Idee für das nächste Projekt, spielt dabei eine untergeordnete Rolle.

Sich dessen bewusst zu machen, ist wichtig, denn meiner Erfahrung nach gibt es viele Führungskräfte, die sich eher so verhalten, dass sie „qua Amt“ vorgeben und nicht verpflichtet seien, zu erklären. Vielleicht funktioniert das auch eine zeitlang, aber um mit Deinem Nachfolge-StartUp die Welt zu verändern, wirst Du vermutlich anders handeln müssen.

Umgekehrt gilt das aber auch – sich Dinge erklären zu lassen ist auch eine Fähigkeit. Es ist an Dir als Nachfolger, die Menge an Detailgrad zu finden, die Dir bei der Entscheidungsfindung hilft und diesen auch aktiv einzufordern. Dein Team hat viel wertvolles Wissen, das Dir helfen kann. Lass es Dir also erklären, und zwar so lange, wie es nötig ist.

Eine Beobachtung, die nicht nur ich gemacht habe: Manchmal möchten Menschen nicht in einer Gruppe Fragen stellen. Ich habe mir angewöhnt, insbesondere bei großen Entscheidungen darauf hinzuweisen, dass meine Tür offen ist. Und das wird auch genutzt.

Das ist natürlich nicht alles…

Mit fünf Fähigkeiten alleine wirst Du vermutlich nicht auskommen. Allerdings sind diese fünf Kernkompetenzen, die für all Deine anderen Aufgaben und Ziele eine gute Grundlage bilden.

Welche Skills und Kenntnisse sind Deiner Ansicht nach besonders wichtig? Lass es meine Leser und mich wissen – in den Kommentaren, Social Media oder als E-Mail, Du findest alle Möglichkeiten auf diesem Blog.