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Viele Unternehmen klagen über den Fachkräftemangel. Ganz besonders kleine Unternehmen in ländlichen Gegenden leiden darunter. Die meisten Menschen versuchen, in Richtung Stadt zu ziehen. Damit wird der Pool potentieller Teammitglieder klein und der Konkurrenzkampf groß.

Das richtige Team ist entscheidend

In vielen Beiträgen schreibe ich darüber, wie Du als Nachfolger und Unternehmer auf die richtigen Mitreisenden achten sollst. Oder wie Du sie auswählst. Oder wie Du sie führst.

Das alles nützt aber nichts, wenn Du niemanden findest. Deshalb denke ich, dass gerade die Unternehmensnachfolge die Chance ist, über neue Wege nachzudenken. Einer dieser „neuen Wege“ ist das Thema Familienfreundlichkeit. In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit, älterer Führungskräfte mit anderer Sozialisation und oft einfacheren Tätigkeiten spielte es oft keine Rolle. Ein ehemaliger Kanzler nannte es auch „Gedöns“, was bis heute sinnbildlich für die Wertung des Themas ist. Das hat sich nun radikal verändert.

Die Gesellschaft ändert sich – die Unternehmen auch

In den letzten Jahrzehnten ist gesellschaftlich vieles passiert. Die Rollenbilder haben sich verschoben. Väter, die statistisch immer noch oft der Haupternährer einer Familie sind, haben neue Ansprüche an diese Rolle. Es reicht nicht mehr, abends kurz gute Nacht zu sagen und am Wochenende mit dem Nachwuchs zu spielen. Mütter wollen sich längst nich mehr nur um Nachwuchs oder Eltern kümmern, sondern auch Karriere machen. Teilzeitarbeitsmodelle genießen großen Zuspruch, selbst vormals undenkbare Führungspositionen werden mit reduzierter Stundenzahl ausgeübt. Das alles passiert, während die Menschen tendenziell weniger und älter werden, das Gesamtangebot also sinkt.

Für Unternehmen bedeutet das, dass ein Umdenken nötig ist. Die Nachfolge ist der ideale Zeitpunkt. Jeder Generationenwechsel ist auch die Chance für einen Kulturwechsel. Wo die Elterngeneration (nicht immer, aber oft) eher dem alten Bild anhängt, kennt die Nachfolgergeneration bereits die neue Realität oder lebt sie selbst vor.

Familienfreundlichkeit ist sowohl richtig, als auch nützlich

Für mich stellt sich die Frage schlichtweg nicht, ob diese Dinge sinnvoll sind. Selbst wenn sie nur Zusatzkosten verursachen würden (Spoiler: Das ist nicht der Fall!), wären sie einfach richtig. Unternehmen sind ein Spiegelbild der Gesellschaft. In dem Maße, in dem sich die Gesellschaft wandelt, müssen sich auch Unternehmen anpassen.

Aber vielleicht darf man auch konkret die Vorteile sehen. Familienfreundliche Unternehmen (mindestens im Saarland gibt es dafür auch ein Zertifikat als Nachweis) haben Vorteile im Wettbewerb um Fachkräfte. Wenn eine Mutter hört, dass es hier kein Problem ist, wenn das Kind krank ist, sie es unter Umständen sogar einfach mitbringen kann, dann kann das der ausschlaggebende Punkt für eine Bewerbung sein. Oder wenn ein Vater hört, dass hier auch andere Väter diese Rolle gemäß ihren Ansprüchen ausleben können, ist das Bonus. Wenn Familien generell immer auch Teil der „Unternehmensfamilie“ sind, weil sie bei allen Festen selbstverständlich dabei sind, bewerben sich Menschen, die diese Werte teilen.

Es kostet Geld – und spart Geld

Ein Eltern-Kind-Zimmer, wie ich es in meinem Unternehmen habe, ist nicht ganz günstig. Und ja, die Ausfälle wegen Krankheit, Betreuung, Pflege oder ähnlichem, es gibt sie. Sie stellen uns auch regelmäßig vor Herausforderungen, ganz besonders als kleiner Betrieb. Und dennoch möchte ich es auf keinen Fall anders. Denn das Team teilt meine Werte und geht dafür dann, wenn es notwendig ist, die berühmte „Extrameile“. So gleicht sich das Investment problemlos aus.

Dazu kommt, dass ich auch im Recruiting damit argumentieren kann. Selbst Menschen, die (noch) keine Familie haben, können sich damit angesprochen fühlen. Sie wissen, „hiermit kann ich auch in der nächsten Lebensphase planen“. Das reduziert Fluktuation, und damit Kosten.

Lange Rede, kurzer Sinn: Liebe Nachfolger, es gibt viele gute Gründe, die Umbruchssituation zu nutzen, um auch einen kulturellen Umbrauch herbeizuführen. Dafür sprechen höhere Motivation, verbessertes Recruiting, geringere Fluktuation und auch einfach Zufriedenheit. Informationen gibt es zum Beispiel bei der „Servicestelle Arbeiten und Leben“ oder beim Netzwerk „Erfolgsfaktor Familie“.

Wer in der Episode 25 meines Podcasts genau hingehört hat, dem ist aufgefallen, dass ich auch Freunde im Unternehmen habe. Angesichts immer größerer Herausforderungen im Recruiting ist es auch wichtig, darüber zu sprechen. Den eigenen Freundes- oder Bekanntenkreis als Option auszuschließen, ist, wie sich vor einem Marathon in den eigenen Fuß zu schießen. Nicht besonders schlau. Allerdings gibt es dabei einige Herausforderungen, die Du vielleicht auf dem Schirm haben solltest, und darüber möchte ich heute schreiben.

Risiken, die Du kennen solltest

Beginnen wir bei den Risiken, die mit Freunden im Unternehmen verbunden sind. Das offensichtlichste ist, dass Du vielleicht eines Tages derjenige bist, der sie entlassen muss. Die Entlassung eines Menschen ist für beide Seiten keine angenehme Situation, über die ich auch schon einmal gebloggt habe. Für eine Freundschaft kann sie auch das Ende bedeuten. Was auch passieren kann, ist dass Euer Verhältnis sich entweder nur noch um die Arbeit dreht (was effektiv das Ende der Freundschaft zugunsten eines Teamverhältnisses bedeutet), oder umgekehrt, dass persönliches in das Unternehmen gebracht wird. Beides ist schädlich.

Weniger offensichtlich ist das dritte Risiko. Durch die, unter Umständen lange, Freundschaft, geht man natürlich anders miteinander um, als mit anderen Teammitgliedern, zu denen kein enges persönliches Verhältnis besteht. Das kann beidseitig schädlich sein. Du, als Nachfolger und Unternehmer, behandelst nicht alle gleich. Der Rest des Teams merkt das natürlich – wenn es nicht thematisiert wird, kann das zu Unzufriedenheit führen, weil eine wie auch immer geartete Bevorzugung bewusst oder unbewusst unterstellt wird. Umgekehrt ist es für Dich auch nicht immer einfach, wenn Du aus dem Team nicht gleichartig behandelt wirst. Ein Freund nimmt sich vielleicht mehr raus, findet andere Worte oder nutzt sein Wissen, um bestimmte Hebel bei Dir zu bewegen. Das kann bei Dir, aber auch bei anderen, komplett falsch ankommen

Es gibt auch viele Vorteile

Natürlich hat es nicht nur Nachteile, Freunde ins Unternehmen zu holen, ganz im Gegenteil. Bei Freunden sparst Du Dir viele Hürden beim Recruiting. Im eigenen Interesse kannst Du einfach offen über alles sprechen, von Erwartung bis Gehalt, und damit viele potentielle Streitpunkte direkt eliminieren. Es ist für beide Seiten deutlich einfacher, diese Dinge auszutauschen. Je nach Position kann das besondere Vertrauen, dass eine gewachsene Freundschaft mit sich bringt, von großem Vorteil sein. Die Abwägung, was in welcher Situation wem anzuvertrauen ist, wird dadurch beschleunigt.

Dazu kommt, dass Du von Freunden vermutlich sehr viel öfter und direkter Feedback bekommst, als von anderen. Das ist jedenfalls meine Erfahrung. Das ist nicht immer einfach, speziell wenn es sich um Kritik handelt, gibt Dir aber unheimlich gute Einblicke, an welchen Stellen Du arbeiten musst. Diese Art von Feedback hättest Du ohne die persönliche Beziehung nicht. Ein letzter Vorteil, der mir immer wieder auffällt, ist, dass sich die persönliche Beziehung, und das Herzblut, das darin steckt, sich auch auf das Unternehmen überträgt. Es mag auch an meiner konkreten Erfahrung liegen und nicht übertragbar sein, sollte aber erwähnt werden: Freunde scheinen im besonderen Maße für das gemeinsame Projekt zu brennen.

Was Du tun kannst, damit das gemeinsame Projekt erfolgreich ist

Unter der Prämisse, dass Du das, was Du gerade gelesen hast, für sinnvoll erachtest und vielleicht auch passende Menschen in Deinem Freundeskreis hast… was habe ich an Tipps für Dich, damit das auch gut klappt?

Mein erster Tipp ist Transparenz. Wenn ein Freund oder eine Freundin ins Unternehmen kommt und sich dem Rest des Teams vorstellt, empfehle ich Dir, gleich klar zu stellen, dass es eine persönliche Bekanntschaft gibt. Transparenz schafft Vertrauen und Du vermeidest so Missverständnisse, insbesondere wenn das restliche Team eine andere Art der Kommunikation untereinander wahrnimmt. Das gilt natürlich auch, und zwar ganz besonders, im Hinblick auf spätere Zugänge. Ich denke, jedem neuen Mitarbeiter, jeder neuen Mitarbeiterin, ist klar, dass er oder sie nicht von Tag eins an das gleiche Verhältnis hat, wie der Teil des Teams, der Dich schon länger kennt. Sie nehmen aber im besonderen Maße auch vorhandene Unterschiede, bspw. durch Freundschaften, wahr. Wir hatten kürzlich den Fall, dass mein Freund mich in einem Meeting, bei dem auch ein neuer dabei war, relativ hart angegangen hat. Das habe ich im Gespräch dann thematisiert. Damit das nicht zu Schwierigkeiten führt, solltest Du auch mit späteren Zugängen das gleiche tun, nämlich sie über eventuelle persönliche Beziehungen informieren.

Die Freundschaft ändert sich – pflegt sie!

Eure Freundschaft wird sich verändern, das ist normal. Wenn man auch viel Zeit in einem Unternehmen zusammen verbringt, tritt sie manchmal in den Hintergrund. Wirklich vermeiden lässt sich das, denke ich, nicht. Du kannst Dir aber ganz bewusst Freundeszeit nehmen, in der es nur um Euch geht. Nicht die Firma, nicht das Produkt, nicht Kolleginnen und Kollegen, sondern nur um Eure Freundschaft und deren Pflege.

Mein letzter Tipp ist vielleicht die größte Herausforderung für Dich. Du solltest Dir klar sein, dass Du bei Freunden besonders sensibel für den Umgang miteinander sein musst, sowohl direkt, als auch in Gegenwart anderer. Deine Aufgabe als Nachfolger und Unternehmer ist es, hier mit Beispiel voran zu gehen und klar zu machen, welche Form des Umgangs Du erwartest und diese hier ganz besonders vorzuleben. Meine Empfehlung ist es, sie so professionell zu halten, wie es geht – der Eindruck von Bevorzugung, in egal welcher Hinsicht, birgt das Risiko, Dein Team nachhaltig zu schädigen. Es ist also in Deinem Interesse und in Deiner Macht, die Vorteile, die Freund im Unternehmen haben, zur Geltung zu bringen ohne dabei die Risiken aus den Augen zu verlieren.

Hast Du auch persönliche Freunde im Unternehmen? Hast Du dabei die gleichen Erfahrungen gemacht? Teile sie, damit auch andere davon profitieren können!

Das Thema Kündigungen hatte ich ja vor einiger Zeit schon einmal im Blog verarbeitet. Die gute Nachricht ist, es gibt ein Gegenstück dazu, dass mir auch viel mehr Spaß macht, und Dir sicherlich auch: Das Recruiting, also die richtigen Mitreisenden für Dein Nachfolge-StartUp finden.

Dazu würde ich Dir gerne ein paar Tipps geben. Zu den Quellen, wo Du suchen kannst, aber auch zu Vorstellung bis hin zur Auswahl.

Wo finde ich denn die Menschen?

Es ist noch nicht so lange her, da gab es zwei Primärquellen für Kandidaten: Die Bundesagentur für Arbeit und Zeitungsannoncen. Beide existieren auch noch heute. Es ist völlig legitim, sowohl in der Jobbörse der BA, als auch in Zeitungen entsprechende Stellenanzeigen aufzugeben.

Allerdings sind das längst nicht mehr die einzigen Quellen:

Die eigene Homepage ist ein wichtiger Anlaufpunkt für mögliche Bewerber, weshalb Deine offenen Stellen dort auf jeden Fall zu finden sein sollten. Neben der BA gibt es auch spezialisierte Jobbörsen im Internet. Je nach Branche und Aufgabenbereich kann es lohnend sein, genau dort präsent zu sein – das geht übrigens über die BA zum Teil automatisch (letzter Schritt der Anzeigenschaltung). Social Media sind ein wichtiger Kanal, um Menschen zu erreichen. Eine Stellenanzeige bei Facebook, Xing oder LinkedIn entfaltet meist ein viel größere Reichweite, als auf anderen Portalen.

Die direkte Ansprache ist auch ein Weg für Dich, die richtigen Menschen zu rekrutieren. Das geht zum Beispiel über Xing besonders gut. In manchen Bereichen hilft es auch, indirekt Menschen anzusprechen. Das fällt mir insbesondere bei Berufkraftfahrern auf, die häufig über entsprechende Werbung auf den Firmen-LKWs gesucht werden. Das ergibt natürlich Sinn, denn genau diese Zielgruppe wird vermutlich am ehesten den LKW auf der Autobahn sehen und die Anzeige lesen. Persönliche Kontakte sind eine mögliche Quelle. Dein Team kennt bestimmt Menschen aus dem eigenen Arbeitsbereich und kann jemanden empfehlen.

Und Du kannst natürlich selbst frühzeitig ansetzen, indem Du an Schulen oder Hochschulen Präsenz zeigst, beispielsweise indem Du dort Unterricht mit gestaltest, Veranstaltungen sponserst oder im Rahmen von Kooperationsprojekten dabei bist. Und zu guter letzt kannst Du natürlich auch einen Spezialisten damit beauftragen, genau den richtigen Menschen für Dich zu finden. In Führungspositionen ist das Engagieren von sog. Headhuntern durchaus üblich. Es ist teuer, kann Dir aber viel Arbeit sparen.

Und wie nun den oder die richtige(n) wählen?

Ist Deine offene Stelle, auf welchem Wege auch immer, bekannt gemacht, bekommst Du hoffentlich entsprechende Bewerbungen oder Anfragen. In kleinen Betrieben, wie bei mir selbst, ist die Menge noch problemlos zu verarbeiten. Ich lese jede Bewerbung. In größeren Firmen, vielleicht auch mit eigener Personalabteilung, wird eine Vorauswahl vielleicht auch schon dort getroffen. Egal wie, Du musst am Schluss eine Menge Menschen zur Auswahl haben, die passt.

Ich betone es einmal vorab: Unterlagen sagen absolut nicht alles über einen Menschen aus. Ganz im Gegenteil, ich selbst habe die allerbesten Erfahrungen mit denjenigen gemacht, die unter den Oberbegriff „unterbrochene oder ungewöhnliche Lebensläufe“ fallen. Allerdings empfehle ich dennoch, nicht einfach jeden einzuladen. Mal abgesehen von offensichtlich fehlender Eignung (ein Schreiner, der sich auf eine Klempnerposition bewirbt) achte ich durchaus auf Form und Sprache.

Die Form, also wie die Bewerbung aussieht, ordentlich, strukturiert, kreativ, und alles was dazu gehört hat mir bisher immer gezeigt, ob jemand die Bewerbung schreibt, weil er oder sie das will, oder muss – und mal ehrlich, wer dazu geprügelt werden muss, sich bei Dir zu bewerben, passt auch nicht wirklich in Dein Team, oder? Die Sprache, und damit meine ich nicht 100% Beherrschung jeder Komma-Regel, sondern die Verständlichkeit ist für mich auch ein Kriterium.

Letztendlich musst Du Deine Kriterien für Dich definieren. Mit zunehmender Erfahrung wird es in jedem Fall leichter. Ein paar Tipps folgen weiter unten. Was an Kandidaten dann übrig bleibt, will ich persönliche kennenlernen. Ich empfehle Dir, einen Teil des Gesprächs dann auch klassisch zu halten (es gibt Fragen und Themen, die einfach erwartet werden, die es auch für beide Seiten leichter machen). Als grober Leitfaden dienen mir immer drei Fragen, die ich durch das Gespräch beantworten will: Warum diesen Job, warum bei mir, und was sollte ich sonst noch wissen?

Je nach Stelle kann es sehr sinnvoll sein, ein Probearbeiten oder ein Praktikum zu vereinbaren. Gerade im Handwerksbereich ist das durchaus üblich. In meinem Fach ist es schwieriger, da es wenig „einfache“ oder „standardisierte“ Aufgaben gibt, die betrachtet werden können. Hast Du alle Informationen zusammen, die Du brauchst, solltest Du die Kandidaten ranken. Mir hilft dabei eine gewichtete Matrix in Excel – und ehrlich gesagt ein Bauchgefühlfaktor, auch wenn Heiko Banaszak das nicht gerne hören wird.

Tipps und Tricks bei der Personalauswahl

Ich habe bei der Auswahl schon einige Fehler gemacht. Vielleicht kannst Du Dir ein paar davon sparen.

Lass mich bei den Quellen beginnen. Hier solltest Du unbedingt darüber nachdenken, wie Du Deine Zielgruppe erreichst. Das Beispiel mit einem Aufdruck auf einem LKW ist absolut genial – Berufskraftfahrer sind nunmal mehrheitlich auf der Straße zu finden. Deshalb ergibt diese Quelle absolut Sinn! Und genauso solltest Du auch in Deinem Fall nachdenken. Ich zum Beispiel lehne jede Form von Printanzeige konsequent ab. Schließlich ist es sinnfrei zu sagen, ich will mit meinem Team Menschen bei der Digitalisierung begleiten und wir arbeiten an der Spitze der technologischen Entwicklung… um dann mein Team in einem analogen Medium vergrößern zu wollen. Das ist völlig unglaubwürdig.

Mit der Bundesagentur habe ich leider keine guten Erfahrungen gemacht. Das liegt aber vielleicht auch daran, dass in meinem Bereich nur sehr wenige, praktisch niemand, arbeitslos ist. Manchmal erreicht mich bei Azubistellen von dort etwas passendes. Der Prozentsatz ist aber sehr marginal. Den Bonus, den die Anzeige bei der BA aber hat, ist dass sie dann auch kostenlos bei diversen Kooperationspartnern erscheint. Insofern, im Sinne der Reichweite, mag es Sinn ergeben, sie dennoch zu nutzen.

Die allerbesten Erfahrungen dagegen habe ich mit Teamempfehlungen gemacht. Wenn jemand aus Deinem Team einen anderen empfiehlt, ist das eine Art Bürgschaft. Gut für Dich, denn die meisten bürgen nur, wenn sie sich absolut sicher sind. Die Hälfte meiner Einstellungen waren persönliche Empfehlungen, und ich habe davon keine bereut. Zudem ist Dein Mitarbeiter oder Deine Mitarbeiterin in diesem Fall auch noch Botschafter für Dich.

In jedem Fall empfehle ich Dir, eine Arbeitgebermarke aufzubauen und die auch selbst nach außen zu vertreten. Deine lokale IHK oder HWK kann Dich dabei beraten.

Wenn Du nun Deine Bewerbungen liest, habe ich, wie bereits erwähnt, besonders gute Erfahrungen mit all denjenigen gemacht, die Lücken oder Ungereimtheiten in ihrem Lebenslauf hatten, oder komplette Schwenks. Zum Beispiel hat sich bei mir ein Bankkaufmann beworben, der unbedingt Programmierer werden wollte und deshalb noch einmal lernen wollte, trotz Frau und Kind. Ich habe die Entscheidung, ihn einzustellen, nie bereut. Ähnlich bei einem langjährigen Verkäufer im Einzelhandel ohne formelle Ausbildung. Der leitet heute effektiv meinen Schulungsbereich. Mir ist klar, dass Du Maßstäbe anlegen musst – mein Tipp ist es, diese dennoch zu hinterfragen und auch mal was neues auszuprobieren.

Im Vorstellungsgespräch überraschen kann helfen

Lass mich nun zum Vorstellungsgespräch kommen. Hier ist mein erster Ratschlag: Mach es nicht alleine! Ich nehme eigentlich immer noch eine Person dazu, idealerweise den potentiellen direkten Vorgesetzten, Teamleiter oder unmittelbaren Kollegen. Es ist einfach so, man bekommt zu zweit einfach mehr mit. Zudem kannst Du Dich dann abwechselnd in eine aktive und eine beobachtende Rolle begeben.

In der aktiven Rolle weiche ich sehr gerne vom Standard ab. Ich versuche bewusst, auch „freche“ Fragen zu stellen und nachzubohren. Die meisten Bewerber haben bestimmte Vorstellungen von einem solchen Gespräch und sind darauf vorbereitet. Das sagt mir dann aber wenig über den Menschen. Deshalb stelle ich dann mal Fragen wie „Wie gehen Sie damit um, wenn ein Vorgesetzter Ihnen Unrecht tut?“ – „Und was, wenn der Chef das ist und Sie absolut genau wissen, dass er Mist erzählt?“.

Dazu kommt, dass ich lieber die richtigen Menschen einstelle, denn Kenntnisse kann man erlernen. Da bohre ich dann gerne mal nach, indem ich mir das ideale Arbeitsumfeld beschreiben lasse, den idealen Arbeitgeber oder die wichtigsten Werte abfrage. Übrigens, dabei wird gerne mal etwas geflunkert. Dem kannst du begegnen, indem Du dann einfach mal nachfragst, woran man den betreffenden Wert jeden Tag bei dem Bewerber erkennen kann. Wenn der Bewerber darauf keine Antwort hat, war es vermutlich nicht sein oder ihr Wert.

Von Heiko Banaszak habe ich in einer tollen Folge des BPS gelernt, dass statistisch Intelligenz und Resilienz wichtige Vorhersagen über die Eignung und den zukünftigen Erfolg zulassen. Da ich selbst das Recruiting mache, geht es bei mir wesentlich weniger wissenschaftlich zu. Eine Frage, die er als Beispiel nannte, benutzte ich seitdem aber regelmäßig und bin ihm dafür sehr dankbar: Er empfahl, den Kandidaten darum zu bitten, eine Situation aus seinem Leben zu beschreiben, in der er sich trotz Widerständen durchgesetzt hat.

Mein letzter Ratschlag an Dich: Korrigier Deine Fehler. Du wirst nicht immer die richtige Auswahl treffen. Du wirst Dich auch mal täuschen lassen. Das ist mir auch passiert. Das ist nicht tragisch, solange Du dann konsequent Deinen Fehler korrigierst. Teamhygiene ist Deine Aufgabe als Nachfolger und Unternehmer, und Du solltest sie ernst nehmen, sogar sehr ernst. Dein Team reagiert sehr sensibel auf sprichwörtliche „faule Äpfel“. Nimmst Du ihn nicht schnell aus dem Korb, gefährdest Du das gesamte Team.

Es gibt die Redensart, dass jede Führungskraft nach drei Jahren das Team hat, das sie verdient. Das vorausgeschickt habe ich wohl wirklich etwas richtig gemacht, denn ich habe ein tolles Team. Es gibt auch eine zweite Redensart. Sie besagt, dass Menschen wegen Geld, Namen, Projekten und Titeln zu Unternehmen kommen – und sie wegen Führungskräften verlassen. Das ist mir auch schon passiert, und es ist eine wichtige Lernerfahrung gewesen. Eine echte Lektion in Sachen Demotivation und der Wirkung von Führung.

Du kannst auch unterfordern

Ich arbeite in einem Bereich, in dem es überproportional viele kreative und leistungsfähige Menschen gibt. Natürlich gelten für diese Menschen die gleichen Basisanforderungen, wie für fast jeden. Ein Job soll unseren Lebensunterhalt decken, uns nicht zuwider sein und am besten sind auch die Kolleginnen und Kollegen toll.

Im besonderen Maße gilt für Entwickler aber auch, dass sie entwickeln wollen. Sie wollen bewegen. Sie schätzen die Herausforderung, sie wollen neue Projekte, an denen sie sich beweisen können.

Den ersten Teil nenne ich mal einfach die unbestreitbaren Hygienefaktoren. Für die langfristige Zusammenarbeit entscheidend allerdings ist, mindestens in meinem Umfeld (und ich vermute auch in vielen anderen), der zweite Bereich.

Erkenntnis gewonnen, Kollegen verloren…

Als ich in meiner Rolle noch etwas frischer und unerfahrener war, konnte ich das noch nicht so klar sehen. Und deshalb habe ich einen fähigen und motivierten Menschen verloren. Ich war als Führungskraft noch nicht so weit, dass ich klar erkennen konnte, was die Bedürfnisse dieses Mitarbeiters waren. Die Symptome waren sichtbar. Demotivation, die sich in Verspätungen und Kritik zeigte. Ein Rückzug vom Team. Das war alles da, und ich nahm es wahr. Was mir fehlte, war die Fähigkeit zu erkennen, dass es an mir lag.

Später, nachdem der Mitarbeiter gekündigt hatte, kam mir diese Erkenntnis. Ich habe verstanden, dass ich ihn schlicht unterfordert und in seinen Zielen nicht ausreichend unterstützt habe.

…und wieder gefunden. Lessons learned

Das konnte ich auch verifizieren. Einige Jahre später haben wir uns wieder getroffen. Das Verhältnis ist herzlich, entspannt – und ich kann ihm ansehen, dass der Wechsel für ihn ein wichtiger und richtiger Schritt war. Wir sprachen über meine Vermutungen, und er hat sie alle bestätigt.

Du kannst aus meinem Fehler lernen. Meine wichtigsten Tipps:

  • Mach Dir bewusst, dass ein Gehalt nicht alles ist. Geld ist ein Hygienefaktor, kein dauerhafter Motivator
  • Sei Dir klar, dass Führung nicht nur Entscheidungsstärke oder Selbstbewusstsein erfordert, sondern echte Führung auch bedingt, die Bedürfnisse anderer wahrzunehmen
  • Prüfe regelmäßig (nicht nur einmal im Jahr!), ob Dein Team glücklich ist. Fördere offenes Sprechen darüber, was sich die Menschen wünschen und wie sie sich aktuell fühlen
'A true leader has the confidence to stand alone, the courage to make tough decisions, and the compassion to listen to the needs of others...' - Douglas MacArthur Klick um zu Tweeten

Mit diesen drei Ratschlägen schaffst Du es vielleicht, meinen Fehler zu vermeiden.

Es gibt viele Dinge, die einen handfesten und plausiblen Hintergrund haben. So gibt es beispielsweise Diskriminierung. Insbesondere bei der Einstellung von Mitarbeitern gibt es eine nachweisliche Tendenz, das ein Geschlecht (Frauen) und eine Altersgruppe (ältere) seltener Zusagen bekommen. Das ist leider Fakt. Aus diesem Grund wurde das AGG, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, geschaffen. Im vergangenen Jahr ist es zehn Jahre alt geworden. Natürlich wurde es nicht geschaffen, um explizit Frauen und ältere Arbeitnehmer zu schützen. Es soll jede Form der Diskriminierung zu bekämpfen, sowohl vor dem Berufseinstieg, als auch wenn man bereits tätig ist.

In der Realität hilft es weder Arbeitgebern…

Es gibt Fälle, in denen das AGG auch geholfen hat, echtes Unrecht zu bekämpfen. Diese waren auch in den Medien. Für diese war es dann auch gut, dass es eine Rechtsgrundlage gibt. Es ist nicht akzeptabel, zu diskriminieren – aus keinem Grund.

Ich beobachte jedoch für mich, dass leider oft keiner Gruppe ein Gefallen getan wird. Als Nachfolger und Arbeitgeber bedeutet das AGG, dass ich jederzeit mit der Gefahr einer Klage konfrontiert bin. Aus diesem Grund kann ich keinem Bewerber einen Grund nennen, warum er oder sie nicht eingestellt wurde. Natürlich gibt es viele Gründe, die nicht mal durch das AGG tangiert sind. Aber bevor man auch nur versehentlich etwas sagt, das vor Gericht falsch ausgelegt werden könnte, gibt es nur einen Weg. Das ist der, den alle Firmenanwälte gleichermaßen nahelegen, nämlich generell nie Begründungen zu nennen und alle Korrespondenz zu standardisieren. Denn das Risiko, alleine auf der Kostenseite, ist für den Arbeitgeber ungleich größer.

…noch Arbeitnehmern

Im Ehrenamt bin ich oft bei Bewerbertrainings an Schulen oder bei Bildungsträgern engagiert. Die Menschen, mit denen ich dort zu tun habe, sind die Empfänger der standardisierten Schreiben oder Mails. Ich werde oft gefragt, warum das so ist und erkläre dann die Lage. Zu Recht kommt dann oft die Frage, ob das sinnvoll ist – schließlich kann man doch ohne Feedback nichts verbessern. Und das ist leider absolut richtig!

Ohne Feedback zu Bewerbungen werden sie nicht besser. Klick um zu Tweeten

Bewerbern wird kein Gefallen getan, wenn sie keine fundierten Informationen bekommen. So werden die Bewerbungen nicht besser, die gewünschten Branchen nicht passender und die Ansprache nicht attraktiver. Stattdessen bekommt man nur ein „nein, danke“ – obwohl das „warum“ eigentlich die entscheidende Information ist. Das Resultat ist, dass es eine ganze Industrie von Trainern gibt, weil kein Adressat gefahrlos sagen kann, was eigentlich nicht gepasst hat.

Hinzu kommt auch, dass es ja durchaus sein kann, dass ein Arbeitnehmer aus gutem Grund vielleicht mehr oder weniger verdient. Und zufällig Frau, älter und/oder Angehöriger einer religiösen Minderheit ist. Zum Beispiel, weil seine oder ihre Arbeit einfach besser ist, und das Unternehmen nicht tarifgebunden. In solchen Fällen kann das Gesetz sogar missbraucht werden, indem eine angebliche Diskriminierung vorgeschoben wird. Die Beweislast liegt, zumindest meiner Beobachtung nach, eher bei den Arbeitgebern.

Und es führt zu absurden Situationen

Im Endeffekt bedeutet es, dass Einstellungen nicht zustande kommen. Ob das der gewünschte Effekt war, der damit erzielt werden sollte? Vermutlich nicht. Ich fände es sehr viel wünschenswerter, wenn Menschen ein sinnvolles Feedback bekämen, dass ihnen erlaubt, sich weiter zu entwickeln. Ich fände es auch sehr viel besser, wenn ich als Arbeitgeber nicht Dinge erleben müsste, wie vor wenigen Wochen. Nach einer (standardisierten) Absage bekam ich kommentarlos den ersten Paragraphen des AGG geschickt. Glaubt irgendjemand, dass man auf diese Art einen Job bekommt?

Oder ist es nicht eher ein Fall des Missbrauchs, wenn ich annehmen muss, das die Bewerbung nie ernst gemeint war, sondern nur dazu dient, drei Monatsgehälter einzustreichen, indem man eine angebliche Diskriminierung vor Gericht durchficht?

Ich fände es toll, wenn es hier vielleicht eine Anpassung gäbe, die mehr Räume für Interaktion und Entwicklung schafft. Beispielsweise, indem fachlich/sachliche Begründungen, zu denen auch „schlechte Bewerbung“ (idealerweise mit Verbesserungsvorschlägen!) gehört, erlaubt werden. Natürlich könnte auch das dann missbraucht werden. Aber mindestens ich, und viele die ich kenne, würden liebend gerne konstruktives Feedback geben dürfen, ohne Angst vor negativen Folgen zu haben. Selbstverständlich freiwillig, denn eine Pflicht würde insbesondere große Firmen, die viele Bewerbungen bekommen, vor unlösbare Probleme stellen.

Diskriminierung ist Mist, Missbrauch von Gesetzen auch

Dass es keine Diskriminierung geben darf, regelt unser Grundgesetz schon lange. Dennoch ist es völlig richtig, das in Form eines klaren Gesetzes zu konkretisieren. Wenn dieses Gesetz jedoch im Endeffekt nicht vor Nichteinstellung, sondern vor Einstellung schützt, sollte man zumindest noch einmal nachsehen, ob es nicht Verbesserungsmöglichkeiten gibt.

Ich, für meinen Teil, würde mich freuen, wenn ich einfach mal schreiben könnte: „Heh, danke für die Bewerbung. Leider war diese nicht sehr gut. Mit sechs Rechtschreibfehlern auf einer halben Seite und einem falsch geschriebenen Firmennamen sind Deine Chancen leider recht gering. Schau doch einfach mal, ob Du nicht beim nächsten Mal sorgfältiger sein kannst. Egal, wie alt Du bist, welches Geschlecht Du hast, welche Religion, oder ob Du behindert bist. Freundliche Grüße“.

Episoden

Als Nachfolger muss man sich mit vielen Themen beschäftigen. Darunter ist auch das Marketing. Möglicherweise gibt es bewährte Mittel im eigenen Unternehmen – vielleicht bringen diese aber auch nicht mehr die gewünschten Ergebnisse. Hier kommt Guerilla-Marketing ins Spiel.

Marketing neu zu denken, statt mit großen Budgets um sich zu werfen, das ist die Idee dahinter. Mein Gast, Stefan Frisch, beschäftigt sich seit 20 Jahren damit und berät Unternehmen, wie sie den Kunden (wieder) in den Fokus nehmen können.

In diesem Podcast sprechen wir darüber, wie gut frisches Denken tut und welche tollen Ergebnisse Du damit erzielen kannst. Stefan zeigt auf, dass die neuesten Erkenntnisse der Hirn- und Verhaltensforschung auch für Dich als Nachfolger sehr wichtig sind. Ebenso wie die Möglichkeit, sich einmal das eigene Unternehmen aus Kundenperspektive intensiv anzuschauen.

Links zur Episode:

Ohne Dein Team wirst Du bei Deinem Nachfolge-StartUp keinen Erfolg haben – deshalb ist Recruiting ein entscheidender Faktor.

In dieser Episode spreche ich über Quellen für mögliche Kandidaten, den Auswahlprozess (Bewerbung, Vorstellung, Probearbeit) und meine persönlichen Tipps und Tricks.

Im Laufe der vergangenen Jahre habe ich dabei vieles ausprobiert und konnte so Mittel und Wege für mich finden, die ich empfehlen kann. Das Abweichen von einigen Lehrbüchern ist dabei bewusst einkalkuliert.

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