Zeit für den versprochenen zweiten Teil der Serie “Karrierestart als Führungskraft”. Dieses Mal ist das Thema, wie man mit all dem Neuen, der Unsicherheit, umgeht, was einen erwartet.
So viel zu tun – wie fange ich an?
Wie ich schon an anderer Stelle beschrieb, prasselt auf eine Nachwuchsführungskraft viel ein. Neue Aufgaben, vielleicht auch noch die alten fachlichen Aufgaben dazu, und wenig Erfahrung im Umgang mit der Situation. Das wichtigste dabei ist Ruhe bewahren. Denn es ist wie in jedem neuen Job völlig normal, am Anfang etwas überfordert zu sein. Diese Schonfrist gilt auch für frisch gebackene Führungskräfte. Dass jemand mit zwei Jahrzehnten Erfahrung anders gemessen wird ist normal. Du, als Nachwuchsführungskraft, musst nicht direkt auf 100% Performance springen. Was aber nicht passieren sollte ist, dass Du ein Opfer der Situation bist.
Deshalb ist das wichtigste aus meiner Sicht ein Rahmen. Du brauchst eine grobe Übersicht darüber, was generell Deine Aufgaben sind. Idealerweise kannst Du diesen dann auf einen täglichen Rahmen runterbrechen. Strukturen helfen generell dabei, in hektischen Situationen den Überblick zu bewahren. Deshalb lautet mein Tipp: Schreib einfach erst mal alles auf. Ob als Liste, als Mindmap, digital oder analog, das spielt keine Rolle. Aber verschaff Dir einen Überblick. Sofern vorhanden kann eine Stellenbeschreibung sehr nützlich sein.
Wenn Du diese Übersicht hast, bewerte erst einmal, wo Du bei diesen Punkten stehst. Kennst Du die Aufgabe schon? Hast Du Erfahrung damit? Wo fehlt Dir Wissen? Das alles kannst Du in Deinen Entwicklungsplan integrieren. Und dann folgt der vielleicht wichtigste Tipp: Sprich mit Deinem Team! Was den fachlichen Teil angeht, sind diese Menschen Deine beste Informationsquelle. Du musst es nicht genauso gut können wie sie, solltest aber ein ausreichendes Verständnis aufbauen, damit Du mit Ihnen sprechen kannst. Deine erste Woche besteht also bestenfalls aus Sprechen und Hospitieren, damit Du diese Lücke schließen kannst.
An vorhandene Strukturen andocken
Im zweiten Schritt kannst Du dann erarbeiten, welche Strukturen durch das Unternehmen vorgegeben sind. Reporting ist ein guter Ansatz. Welche Zahlen und welche Informationen brauchst Du und brauchen Deine Vorgesetzten? In welchen Abständen? Das gibt Dir einen Hinweis, was Du an Datenerhebung aufbauen musst. Sofern Du Nachfolger einer Person bist, lohnt es sich auch, in deren Unterlagen zu schauen. Wenn Du auf der sprichwörtlichen grünen Wiese beginnst, umso besser – dann kannst Du es von Anfang an mit erarbeiten und bist damit automatisch der erste Experte.
Achte dabei darauf, dass Du Dich selbst nicht überforderst. Du bist in Stunde 9 und 10 eines Tages nicht effektiver oder besser. Vermutlich bist Du nur müder. Besser wäre es, eine Priorisierung in Deine Liste zu bringen. Wie oft fallen Aufgaben an? Wie dringend sind diese? Sind andere davon abhängig? Mit dieser Art Fragen kannst Du eine sinnvolle Reihenfolge schaffen.
Selbstzweifel sind normal
Auch wenn wir alle gerne Superman (oder Batman) wären, wir sind es nicht. Du wirst Fehler machen, langsamer lernen als Dir lieb ist oder Deadlines verpassen. Die Angst vor diesen Dingen ist aber meist größer als die tatsächliche Auswirkung. Und sie ist gleich doppelt schädlich, denn Angst lähmt, wodurch die Deadline noch näher rückt. Ein Mentor, innerhalb und außerhalb des Unternehmens, ein Partner, ein Freund – sie alle können Dir helfen, diese Ängste loszuwerden und in die Aktion zu kommen. Egal, ob es von Erfolg gekrönt ist, es fühlt sich besser an, etwas zu tun, als dabei zuzusehen, wie Dinge passieren.
Bei allem, was Du tust, wirst Du Fehler machen. Das hat gleich mehrere Vorteile. Es sorgt dafür, dass der Superhelden-Mythos stirbt. Du lernst daraus. Und die allermeisten Fehler sind nicht so kritisch, wie sie sich anfühlen. Was Dir allerdings nicht passieren sollte, ist, dass Du einen Fehler und das damit verbundene Lernpotenzial ignorierst. Geh offen damit um, auch gegenüber Deinem Team. Nichts macht Dich als Führungskraft nahbarer, als sachlich über einen eigenen Fehler zu sprechen und, wenn möglich, andere in die Lösung einzubeziehen.
Das geht am besten mit einer Nacht Schlaf dazwischen. Schnellschüsse führen oft dazu, dass wir emotional noch zu angreifbar sind, was uns unklarer in der Sache werden lässt. Sind wir unklar, weiß das Team nicht, woran es ist. Das ist dann weniger hilfreich. Deshalb: Eine Nacht schlafen, dann sachlich aufräumen!
Nach der Pflicht kommt die Kür
Mit der Zeit ist der Rahmen, den Du gebaut hast, so stabil, dass Du auf die Feinheiten achten kannst. Dazu gehören aus meiner Sicht vor allem Vorbildfunktion in Dingen, die Dir wichtig sind. Menschen beschreiben, was man von ihnen erwartet, kann funktionieren. Besser ist es, das richtige Verhalten vorzuleben. Wenn Du also beispielsweise davon überzeugt bist, dass Deadlines wichtig sind, solltest Du selbst keine verpassen.
Du hast Deinem Team etwas für Montag zugesagt? Liefere es Montag! Du möchtest, dass die Dinge sachlich analysiert und gelöst werden? Dann sei nicht selbst emotional!
Das klingt nun relativ simpel. Allerdings ist es das nicht immer. Deshalb ist es auch die Kür, denn es erfordert mentale Kapazität, die eigenen Werte immer wieder mit dem eigenen Verhalten bewusst abzugleichen. Unser normaler Modus Operandi bevorzugt das schnelle Handeln – das kann dann aber unpassend zu den Werten sein. Hier macht Übung den Meister.
Zusammenfassung
Als frisch gebackene Nachwuchsführungskraft prasselt viel auf Dich ein. Unsicherheit ist in dieser Situation menschlich. Folgende Punkte helfen Dir:
- Akzeptieren, dass auch in einer Führungsposition jeder am Anfang viel lernen muss
- Die eigenen Aufgaben in einer Liste oder Mindmap festhalten und daraus einen Lernplan entwickeln
- Vorhandene Strukturen mit dieser Liste kombinieren und damit einen stabilen Rahmen für die tägliche Arbeit schaffen
- Fehler als Lernmöglichkeit nutzen – nach einer Nacht Schlaf
- langfristig vor allem Vorbild statt Mahner sein
In zwei Wochen geht es weiter mit dem Thema “Netzwerke und ihre Bedeutung für Nachwuchsführungskräfte”.
Bildquelle: Erstellt mit KI am 06.08.24