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Am 01.03.25 hat ein neues Kapitel in meinem Leben begonnen – ich habe zu diesem Datum mein Unternehmen in andere Hände gegeben. Die Gründe sind vielschichtig, und liegen, im Wesentlichen, in mir.

Der Beginn – eine Liebesgeschichte wider Willen

Wie einige meiner Leser und Hörer wissen, hatte ich nie geplant, das Unternehmen meiner Eltern zu übernehmen. Ich war zwar zeitweise angestellt, aber es war immer als Überbrückung gedacht. Als dann mein Vater in sehr kurzer Zeit starb, haben meine Mutter und ich diese Lücke gefüllt. Zuerst gemeinsam, dann ich alleine.

Über diese Zeit, und was ich in den insgesamt 16 Jahren gelernt habe, möchte ich noch ein Buch schreiben. Insofern halte ich es für diesen Beitrag kurz. Was ich aber sagen kann ist, dass es eine Liebe wider Willen wurde. Mit der Zeit lernte ich das Team und das Unternehmen schätzen und lieben. So fiel es mir leicht, die Aufgaben zu übernehmen, die es zu übernehmen galt.

Menschen haben unterschiedliche Stärken und Schwächen

Wie jeder Mensch habe ich auch meine Stärken und Schwächen. Für die Situation, in der ich das Unternehmen übernahm, waren diese gut geeignet. Ich schaffe gerne Ordnung und Klarheit, entwickle Strukturen und helfe Menschen darin zu wachsen.

Für ein Unternehmen mit damals neun Köpfen mag das unpassend klingen, aber es wurden, dank meinem tollen Team, auch bald mehr. Somit konnte ich diese Stärken komplett ausspielen und habe es geschafft, dass die Firma gesund und stabil Richtung 20 Köpfe wuchs.

Das heißt nicht, dass ich keine Hilfe hatte. Im Gegenteil, das Team, meine Mentorin und viele Menschen aus meinem Netzwerk haben wichtige Impulse geliefert. Es gab auch jede Menge Rückschläge. Vieles, was ich probierte, erwies sich als unpassend. Wir lernten daraus, probierten neues und fanden mit der Zeit den richtigen Weg für uns.

Die “Krönung” dieser Arbeit war die lässigste ISO 9001 Zertifizierung, die ich mir vorstellen kann. Die Auditorin kam, prüfte Dokumentation, mahnte etwa zwei Stunden an Vervollständigung an, und das Level 1 Audit war bestanden. Das Level 2 Audit, einige Wochen später, lief problemlos durch. Ein grandioser Erfolg und Bestätigung für die jahrelange Arbeit zuvor.

Der Blick in die Zukunft

2023 begann ich, mich mit der Zukunft zu beschäftigen. Ich analysierte Produkt, Markt, Wettbewerb und Umfeld. Das Ergebnis war ein 35seitiges Dokument, dessen Zusammenfassung war: Es muss der nächste Schritt her – in Form neuer Produkte und neuer Märkte.

Und hier traten dann auch meine Schwächen zu Tage. Das Produkt und der Markt waren nicht meine starke Seite, im Gegenteil. Ich hatte die richtigen Menschen, die das aufgefangen haben, aber jeder Fisch stinkt vom Kopf. Wenn der geschäftsführende Gesellschafter nur begrenztes Interesse an dem Produkt hat, aber ein profitables und gut organisiertes Unternehmen aufgebaut hat, ist er vor allem ein guter Manager – aber nicht unbedingt der richtige Unternehmer für den nächsten Schritt.

Diese Erkenntnis reifte auf meiner Hochzeitsreise immer weiter. Und so kehrte ich zurück und entschied, dass es nur zwei Wege gibt. Entweder, ich finde noch einmal eine Mission für mich, mit der ich aus voller Überzeugung in das notwendige unternehmerische Risiko gehen kann – oder ich muss mich ersetzen, da ich sonst zum Bremsklotz für das Team werde.

Und so kam zusammen, was zusammen passt

Im Laufe des weiteren Jahres nahm ich Kontakt mit Mitbewerbern auf und führte viele Gespräche, intern wie extern. Das Ergebnis ist, dass ich mein Unternehmen an die Prosozial GmbH aus Koblenz verkauft habe. Dabei war es mir wichtig, dass meine Werte, die ich in das Unternehmensmanifest geschrieben hatte, immer gewahrt wurden.

Lange bevor der Vertrag unterzeichnet wurde hatte ich mein Führungsteam in den Entscheidungsprozess einbezogen und auch zwei Monate vor der Unterzeichnung das gesamte Team informiert. Transparenz ist und war immer enorm wichtig, um aus einem überschaubaren Team die unglaubliche Leistung herauszuholen, die es immer gezeigt hat.

Ich ging mit einem lachenden und einem weinenden Auge. 16 Jahre meines Lebens sind durch dieses Unternehmen bestimmt gewesen und ich bin stolz auf das, was wir erreicht haben. Gleichzeitig bin ich auch überzeugt davon, dass es wichtig war, die Fesseln, die meine Person dem Unternehmen aufgrund meiner eigenen Persönlichkeitsstruktur angelegt hatte, zu lösen. Der Abschied fällt nicht nur leicht, selbst wenn er richtig ist.

Ich freue mich, dass dieses wunderbare Team nun den nächsten Schritt machen kann und eine echte Chance besteht, dass das Vermächtnis meiner Familie noch lange Zeit Bestand haben wird. Prosozial hat sehr deutlich gemacht, dass sie in die Richtung gehen wollen, die mein ehemaliges Team braucht und wo es seine Stärken einbringen kann. Es ist also eine riesige Chance.

Mal sehen, was die Zukunft bringt

Ich selbst habe zum ersten März ein Gewerbe angemeldet, damit ich meine bisherigen Leistungen wie Mentoring oder Vorträge weiter anbieten kann. Zudem möchte ich, wie bereits erwähnt, ein Buch über diese vergangenen 16 Jahre schreiben.

Abgesehen davon sehe ich der Zukunft mit Vorfreude entgegen. Ich bin überzeugt davon, dass sich eine spannende Mission ergeben wird, wo ich meine Stärken voll einbringen kann – an der Schnittstelle zwischen Veränderung, Digitalisierung, Strukturen, Prozessen und den Menschen darin.

Meinem alten Team und der neuen Geschäftsführung wünsche ich das absolut Beste auf dem neuen Weg, der vor ihnen liegt – ich freue mich darauf, von künftigen Erfolgen zu hören und zu lesen.

 

Bildquelle: Olaf Schneider  / pixelio.de

Durch das WJ-Netzwerk habe ich, vor langer Zeit, Stefan Hund kennengelernt. Als ehemaliger Pastor kennt er sich mit dem Thema Seelsorge gut aus. Anfang letzten Jahres sprachen wir über das Thema “Trauer im Unternehmen“. Das war leider unfreiwillig, denn es hatte bei uns einen Todesfall gegeben. Ein junger Mann, unter 40, starb. Für mich eine neue Herausforderung, neben den eigenen Emotionen.

Tod und Trauer sind leider immer präsent

Es gibt den, etwas geschmacklosen, Scherz, dass nur zwei Dinge sicher sind: Der Tod und das Finanzamt. So bösartig das klingt, es ist wahr.

Als ich die Nachricht erhielt, dass einer meiner Mitarbeiter ins Krankenhaus gekommen ist, war ich noch völlig entspannt. Er hatte sich vorher bei einem Unfall eine relativ harmlose Verletzung zugezogen und befand sich in der Erholung davon. Dass dabei mal etwas schiefgeht, ist normal. Und ein Krankenhaus ist, in einem solchen Fall, der beste Ort für die Person, so mein Denken. Zudem, noch keine 40, das wird schon alles klappen.

Ich loggte mich noch in unseren Chat ein und schrieb ihm scherzhaft, dass er für den vermeidbaren Rückschlag noch Ärger bekommt. Die Annahme: Er liest es ja bald. Allerdings lag ich falsch.

Ein Schock

Nur wenige Stunden später rief mich seine Führungskraft an. Er war im Krankenhaus verstorben. Das war ein Schock.

Obwohl ich genug Erfahrung mit dem Tod habe, kam diese Nachricht absolut unerwartet. Ich wusste gar nicht, wie ich reagieren soll. Dieses Gefühl beschreibt Stefan auch in einem Artikel.

Es fühlte sich einfacher an, mich auf die betriebswirtschaftlichen Implikationen zu beschränken. Wie besetze ich die Stelle nach? Welche Projekte müssen anders verteilt werden? Passt die Teamstruktur dann noch?

Der Schutzmechanismus hielt allerdings nicht lange. Schon bald kamen die Emotionen dazu, die ich zu unterdrücken versuchte. Wir sind ein kleines Unternehmen. Wir haben viele Grillabende, Feiern und tolle Gespräche miteinander verbracht. Die Lücke, die sich auftat, war riesig. Und mir alleine ging es nicht so. Das Team, das jeden Tag mit der Person zu tun hatte, war noch viel stärker betroffen.

Liebe Führungskräfte, moderiert die Trauer

Es ist nun schon lange her und dennoch denke ich oft an ihn. Ob es der ideale Weg war, wie wir letztlich damit umgegangen sind, weiß ich nicht. Aber einige Learnings für Führungskräfte habe ich:

1. Lasst die Trauer zu

Trauer ist enorm wichtig und verschiedene Menschen haben verschiedene Rhythmen, diese zu verarbeiten. Es darf und muss eine Trauerphase geben. Seid für die Leute da. Sprecht ebenfalls mit über die verstorbene Person. Erinnert Euch gemeinsam an schöne Erlebnisse.

2. Moderiert die Trauer

Es kann enorm hilfreich sein, nach der initialen Hochphase der Emotionen ein wenig Moderation auszuüben. Schafft Räume und Rituale (wir haben ein Bild, das uns an den Kollegen erinnert, gemeinsam ausgesucht und erstellt), damit die Trauer ihren Platz bekommt. Vielleicht kann auch ein externer Begleiter wie zum Beispiel Stefan Hund helfen.

3. Nehmt gemeinsam Abschied

Nach der Beisetzung haben wir gemeinsam, inklusive einiger mittlerweile woanders tätiger Kolleginnen und Kollegen, das Grab besucht und Abschied genommen. Das war auch nicht leicht, aber ein wichtiger Abschlussschritt für diese Trauerphase. Ich habe damals ein Wichtelgeschenk, das er mir geschenkt hatte und sehr viel von ihm beinhaltete, auf sein Grab gestellt und einige Worte in aller Privatssphäre gesagt. Das hat es mir leichter gemacht, wieder zum “Alltag” zurückzukehren.

4. Geht voran

Das Ende der Trauerphase heiß nicht, dass man die Person vergessen soll. Das Leben und die Arbeit gehen aber weiter. Als Führungskraft ist es Dein Job, mit Feingefühl aber Klarheit den Fokus wieder zu verschieben – von Ausnahmesituation zurück zur Normalität. Regelmäßige 1on1’s können ein gutes Instrument sein, um immer wieder nach zu hören, wie gut das läuft.

Erinnert Euch, aber lasst es nicht dominieren

Nun ist es schon so lange her. Aber erst heute schreibe ich über dieses wichtige Thema. Ich hoffe, meine Erkenntnisse helfen Euch ein wenig. Denn so unschön das ist, die Frage ist nicht, ob es passiert. Lediglich wann. Der Tod ereilt alle.

Eine persönliche Empfehlung habe ich auch noch zum Schluss: Auch mir kann etwas passieren. Macht für Eure Abteilungen, Firmen, Familien und ähnliches Notfallpläne. Es gibt Vorlagen und Notare, damit alles geregelt ist. Und vielleicht macht ihr auch noch etwas persönliches. Ich schreibe meiner Tochter jede Woche eine A5 Seite in ein Tagebuch, damit sie etwas von mir, ganz persönlich und nur für sie, hat, sollte mir etwas zustoßen.

Bildquelle: PeterFranz  / pixelio.de