Alle Welt spricht davon, dass Veränderung schneller passiert. Und die Statistik gibt dem Recht. Die Geschwindigkeit, mit der Innovationen unser Leben verändern, ist enorm groß. Smartphones gibt es erst 11 Jahre – ein Umstand, der vielen erst einmal seltsam vorkommt, wenn man bedenkt, wie viel wir damit tun. Aber nicht nur Technik ändert sich. Das Thema der verschiedenen Generationen habe ich ja schon mehrfach angesprochen. Mit diesen unterschiedlichen Generationen in Unternehmen, sowohl in der Führung, als auch bei den Mitarbeitern, ändert sich auch viel.

Die Nachfolge – erzwungenes Change Management

Veränderungen zielführend und konstruktiv gestalten ist das, was oft als Change Management bezeichnet wird. Viele Unternehmen strukturieren sich neu, ändern ihre Organisationsform, ihre Produkte und vieles mehr. Und all diese Veränderungen wollen gestaltet werden. Der Unterschied zur Nachfolge ist, dass diese eine Form „erzwungene“ Veränderung ist. Sie kommt zwar nicht immer überraschend, aber erfahrungsgemäß wird die Tragweite der Änderungen massiv unterschätzt. Viele kommen auch nicht direkt zu Anfang, sondern erst mit Zeit. Neben neuen Gesichtern können das neue Werte sein (was eine riesige Herausforderung ist, da die Änderung von Werten eines Unternehmens ein enorm langwieriger Prozess ist), neue Methoden, neue Ideen… und das alles wird dann dem Team, das übernommen wird, mehr oder minder geordnet vorgestellt.

Jede Veränderung macht Angst

In manchen Medien lese ich dann im Zusammenhang mit gravierenden Änderungen im Unternehmen Begriffe wie „Modernisierungsverweigerer“. Was ein solches Wort über das Menschenbild desjenigen, der es benutzt, aussagt, kannst Du Dir denken.

Ich glaube nicht, dass Menschen sich grundsätzlich neuem verweigern. Allerdings macht das Unbekannte manchen Menschen mehr Angst als anderen. Als Nachfolger und Unternehmer ist es Deine Aufgabe, die Menschen in Deinem Team diesbezüglich richtig einzuschätzen und sie bei der Veränderung individuell zu führen. Nur weil ein Mitarbeiter freudig erregt ist und sich nun befreit fühlt, sich einzubringen, heißt das nicht, dass Du alles einfach laufen lassen kannst und Deine Ideen dann auch umgesetzt werden. Diejenigen, die weniger freudig auf Änderungen reagieren, wirst Du allerdings in aller Regel weniger laut hören. Und dementsprechend auch ihre Bedürfnisse vielleicht nicht, oder zu spät, wahrnehmen.

Führung heißt, die Bedürfnisse aller wahrzunehmen

Deine Aufgabe ist es deshalb, genau diese Gefahr auf Deinem Schirm zu haben: Nur weil die, vielleicht lauteren, Advokaten für eine Veränderung präsenter wirken, heißt das nicht, dass alle so denken. Und diejenigen, die nicht wahrgenommen werden, können dadurch auch leicht frustriert werden. Ganz abgesehen davon sind sie eben vermutlich keine „Fortschrittsverweigerer“ – sondern einfach nur noch nicht dort abgeholt worden, wo sie stehen. Das ist Deine Aufgabe. Sprich über die Veränderung.

  • Warum ist sie nötig?
  • Was ist das Ziel?
  • Wie wird sich Erfolg zeigen?
  • Was sind die ersten (kleinen) Schritte?
  • Wie kann das Teammitglied dazu beitragen?
  • Gibt es vielleicht Vorteile für den- oder diejenige?

Und belasse es nicht bei diesem einen Gespräch. Regelmäßig Feedback einholen und die Stimmung testen ist notwendig. Dabei solltest Du Dich nicht ausschließlich auf das verlassen, was Du hörst. Gespräche unter Kollegen in der Pause sind oftmals sehr viel offener als mit dem (neuen) Chef oder der neuen Chefin.

Führung ist eine sehr anstrengende Aufgabe, insbesondere in Veränderungsprozessen. Du musst konstant sprechen und den Spagat schaffen, das Ziel am Horizont genauso präsent zu machen, wie den nächsten kleinen Schritt dahin. Der Lohn für diese Arbeit ist eine erfolgreiche Anpassung mit einem zufriedenen Team.

Bei BusinessInsider bin ich kürzlich über einen spannenden Artikel gestolpert. Erika Nardini beschreibt darin, was sie von Bewerbern verlangt, nämlich auf eine Mail an einem Sonntag spätestens nach drei Stunden zu reagieren.

Moment mal! Kurz wertungsfrei analysieren…

Die erste instinktive Reaktion bei den meisten wird vermutlich ein Aufschrei sein. “Wie kann sie nur?!?“, „Das ist unmenschlich!“, „Unverschämtheit!“

Aber mal kurz einen Schritt zurück. Lassen wir die Wertung mal raus. Was tut Frau Nardini denn? Im Prinzip tut sie das, was wir alle als Nachfolger und Unternehmer tun. Wir haben bestimmte Werte und Prinzipien, die für uns unverhandelbar und wichtig sind. Und wir geben sie als den kleinsten gemeinsamen Nenner für unsere Unternehmen vor.

Deshalb ist es auch nicht richtig, das zu kritisieren. Ja, man kann unterschiedlicher Ansicht sein, und es für falsch halten. Dass Frau Nardini dieses Prinzip hat, und es durchzieht, ist nicht nur ihr gutes Recht. Es ist auch ihre Pflicht, denn ohne Kanten, an denen man sich stoßen kann, kann auch kein Mitarbeiter oder keine Mitarbeiterin für sich erkennen, ob dieses Unternehmen das richtige für einen selbst ist.

Am Wochenende mailen ist bei mir nicht wichtig, dafür anderes

Am Wochenende versuche ich mein Team in Ruhe zu lassen. Die Erfahrung zeigt mir, dass mehr Zeit auf etwas werfen nicht zu besseren Ergebnissen führt. Es braucht Erholungsphasen, weshalb ich auch vermeide, in diesen zu stören. Das gilt selbstverständlich auch für die Urlaubszeit.

Aber auch ich habe umverhandelbare Prinzipien, gegen die zu verstoßen zu Konflikten führt. Ich selbst habe für mich entschieden, dass auf mein Wort Verlass sein muss. Wenn ich jemandem etwas zusage, werde ich es in 99 von 100 Fällen einhalten. Ohne Wenn und Aber. Ja, es gibt den einen Fall, wo wirklich höhere Gewalt mich hindert. Wenn man ganz ehrlich mit sich selbst ist, sind diese Fälle aber sehr selten.

Weil mir das sehr wichtig ist, tue ich mich auch sehr schwer damit zu akzeptieren, wenn andere, ob aus meinem Team, im Ehrenamt oder im Freundes- und Bekanntenkreis, das nicht so handhaben. Ich akzeptiere pauschale Aussagen wie „es war einfach so viel zu tun“ nicht. Viel Arbeit haben wir alle. Umstände ändern sich, und zwar konstant. Und trotzdem ist es wichtig, seine Commitments einzuhalten.

Prinzipien muss man nicht teilen – aber sie haben

Natürlich kannst Du das völlig anders sehen. Ich sehe die pauschale Aussage, dass es zu viel zu tun gab, als billige Entschuldigung. Entweder gab es wirklich höhere Gewalt und man kann diese klar benennen, oder man verhandelt aufgrund klar geänderter Bedingungen ein neues/modifiziertes Ziel. Im Nachhinein aber sagen, es sei nicht erreichbar gewesen ist für mich, persönlich, nur das Eingeständnis, dass man seine Prioritäten nicht klar hatte und zu spät kommuniziert hat. Denn viel zu tun gibt es für alle von uns immer.

Je nachdem, wie man das nun darstellt, kann man meine Prinzipien auch „zerreissen“ und als „unverschämt“ oder „böse“ bewerten. Du darfst sie schlecht finden. Du musst sie nicht teilen.

Eines ist aber klar: Ich habe Prinzipien und stehe dazu. Das gibt einen klaren Ankerpunkt für jeden anderen, wenn es um eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit geht. Ich persönlich glaube, dass es wichtig ist, dass Menschen Ecken und Kanten haben. Was passiert, wenn das nicht so ist, darüber habe ich ja auch schon gebloggt.

Bildquellenangabe: S. Hofschlaeger / pixelio.de

Ich kann es nicht verhindern, immer wenn ich den Begriff „Mastermind“ höre, denke ich an einen Herren im schwarzen Anzug. Er sitzt in einem tiefen Sessel, krault eine Katze und plant die Weltherrschaft zu übernehmen. Allerdings ist das Bild falsch. Er beschreibt vielmehr eine kleine Gruppe Menschen, die sich zum gegenseitigen Vorteil treffen und unterstützen – meist durch konkretes Feedback zu Herausforderungen.

Verlässliche Rückmeldung ist eine Seltenheit

Wenn Du meinen Blog öfter liest, weißt Du, für wie wichtig ich gutes Feedback halte. Und Du weißt, wie selten Du es vermutlich als Nachfolger und Unternehmer bekommst. Es gibt wenige von uns. Und von dieser geringen Zahl werden sich die wenigsten völlig öffnen.

Um diesem Problem entgegen zu wirken, gibt es sogenannte Mastermind-Gruppen. Diese sind meist klein (fünf Personen, selten mehr), treffen sich regelmäßig persönlich und geben sich Regeln und Ziele. Meist bewegen die sich in einem ähnlichen Ergebnis, nämlich dass die Menschen der Gruppe…

  • …sich zu Offenheit verpflichten,
  • zu absoluter Vertraulichkeit bekennen, und
  • sich pro Termin eine Methode überlegen, sich gegenseitig bestmöglich zu unterstützen.

In der Realität ist ein beliebtes Vorgehen, dass ein Teilnehmer eine konkrete Herausforderung vorstellt, vor der er oder sie gerade steht – und alle anderen geben ihr bestes, dabei Unterstützung zu leisten. Dadurch, dass Vertraulichkeit gewährleistet ist, kann offen über Zahlen, Probleme, etc. gesprochen werden. Sonst notwendige Abstraktion entfällt, und man kann sich voll und ganz auf die Lösung fokussieren.

Bislang gute Erfahrung

Ich wollte schon länger eine solche Gruppe gründen oder ihr beitreten. Ende letzten Jahres bin ich den Schritt gegangen. Ich habe eine recht diverse Gruppe Menschen gefragt, ob sie das auch für sinn- und wertvoll halten. Und alle haben direkt zugesagt!

Wir treffen uns etwa alle drei Monate persönlich. Und ehrlich gesagt bin ich vom Ergebnis bislang völlig überwältigt. Dass es gut werden würde, hatte ich mir erhofft. Es ist aber noch besser als erwartet. Wir haben bislang schon einige tolle Ideen gemeinsam entwickelt, uns selbst auch weiter gebildet und uns gegenseitig bestärkt, wo es notwendig war.

Der Austausch ist dabei immer sehr wertschätzend – und die Lösungen sind eben keine Floskeln, sondern ganz konkrete Vorschläge, die auch im Folgetermin noch einmal besprochen werden.

Ich hätte es sogar gerne öfter, allerdings ist die Organisation natürlich immer eine Hürde. Mehrere Menschen mit zum Teil brechend vollen Terminkalendern zu koordinieren kann frustrieren. Das Ergebnis allerdings ist es mehr als wert.

Fazit: Absolut empfehlenswert

Mach Dir keine Illusion, in einer Mastermindgruppe steckt Arbeit. Die gemeinsamen Sessions sind anstrengend, mental gehst Du danach auf dem sprichwörtlichen Zahnfleisch. Das Ergebnis aber spricht für sich.

Neben den Netzwerken und den eins zu eins Beziehungen, über die ich auch schon gebloggt habe, sehe ich eine solche Mastermind-Gruppe als perfekte Möglichkeit, sich gemeinsam weiter zu entwickeln. Deshalb meine klare Empfehlung: Probier es aus. Und wenn Du Rückfragen hast, lass es mich wissen!

Viele Unternehmen klagen über den Fachkräftemangel. Ganz besonders kleine Unternehmen in ländlichen Gegenden leiden darunter. Die meisten Menschen versuchen, in Richtung Stadt zu ziehen. Damit wird der Pool potentieller Teammitglieder klein und der Konkurrenzkampf groß.

Das richtige Team ist entscheidend

In vielen Beiträgen schreibe ich darüber, wie Du als Nachfolger und Unternehmer auf die richtigen Mitreisenden achten sollst. Oder wie Du sie auswählst. Oder wie Du sie führst.

Das alles nützt aber nichts, wenn Du niemanden findest. Deshalb denke ich, dass gerade die Unternehmensnachfolge die Chance ist, über neue Wege nachzudenken. Einer dieser „neuen Wege“ ist das Thema Familienfreundlichkeit. In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit, älterer Führungskräfte mit anderer Sozialisation und oft einfacheren Tätigkeiten spielte es oft keine Rolle. Ein ehemaliger Kanzler nannte es auch „Gedöns“, was bis heute sinnbildlich für die Wertung des Themas ist. Das hat sich nun radikal verändert.

Die Gesellschaft ändert sich – die Unternehmen auch

In den letzten Jahrzehnten ist gesellschaftlich vieles passiert. Die Rollenbilder haben sich verschoben. Väter, die statistisch immer noch oft der Haupternährer einer Familie sind, haben neue Ansprüche an diese Rolle. Es reicht nicht mehr, abends kurz gute Nacht zu sagen und am Wochenende mit dem Nachwuchs zu spielen. Mütter wollen sich längst nich mehr nur um Nachwuchs oder Eltern kümmern, sondern auch Karriere machen. Teilzeitarbeitsmodelle genießen großen Zuspruch, selbst vormals undenkbare Führungspositionen werden mit reduzierter Stundenzahl ausgeübt. Das alles passiert, während die Menschen tendenziell weniger und älter werden, das Gesamtangebot also sinkt.

Für Unternehmen bedeutet das, dass ein Umdenken nötig ist. Die Nachfolge ist der ideale Zeitpunkt. Jeder Generationenwechsel ist auch die Chance für einen Kulturwechsel. Wo die Elterngeneration (nicht immer, aber oft) eher dem alten Bild anhängt, kennt die Nachfolgergeneration bereits die neue Realität oder lebt sie selbst vor.

Familienfreundlichkeit ist sowohl richtig, als auch nützlich

Für mich stellt sich die Frage schlichtweg nicht, ob diese Dinge sinnvoll sind. Selbst wenn sie nur Zusatzkosten verursachen würden (Spoiler: Das ist nicht der Fall!), wären sie einfach richtig. Unternehmen sind ein Spiegelbild der Gesellschaft. In dem Maße, in dem sich die Gesellschaft wandelt, müssen sich auch Unternehmen anpassen.

Aber vielleicht darf man auch konkret die Vorteile sehen. Familienfreundliche Unternehmen (mindestens im Saarland gibt es dafür auch ein Zertifikat als Nachweis) haben Vorteile im Wettbewerb um Fachkräfte. Wenn eine Mutter hört, dass es hier kein Problem ist, wenn das Kind krank ist, sie es unter Umständen sogar einfach mitbringen kann, dann kann das der ausschlaggebende Punkt für eine Bewerbung sein. Oder wenn ein Vater hört, dass hier auch andere Väter diese Rolle gemäß ihren Ansprüchen ausleben können, ist das Bonus. Wenn Familien generell immer auch Teil der „Unternehmensfamilie“ sind, weil sie bei allen Festen selbstverständlich dabei sind, bewerben sich Menschen, die diese Werte teilen.

Es kostet Geld – und spart Geld

Ein Eltern-Kind-Zimmer, wie ich es in meinem Unternehmen habe, ist nicht ganz günstig. Und ja, die Ausfälle wegen Krankheit, Betreuung, Pflege oder ähnlichem, es gibt sie. Sie stellen uns auch regelmäßig vor Herausforderungen, ganz besonders als kleiner Betrieb. Und dennoch möchte ich es auf keinen Fall anders. Denn das Team teilt meine Werte und geht dafür dann, wenn es notwendig ist, die berühmte „Extrameile“. So gleicht sich das Investment problemlos aus.

Dazu kommt, dass ich auch im Recruiting damit argumentieren kann. Selbst Menschen, die (noch) keine Familie haben, können sich damit angesprochen fühlen. Sie wissen, „hiermit kann ich auch in der nächsten Lebensphase planen“. Das reduziert Fluktuation, und damit Kosten.

Lange Rede, kurzer Sinn: Liebe Nachfolger, es gibt viele gute Gründe, die Umbruchssituation zu nutzen, um auch einen kulturellen Umbrauch herbeizuführen. Dafür sprechen höhere Motivation, verbessertes Recruiting, geringere Fluktuation und auch einfach Zufriedenheit. Informationen gibt es zum Beispiel bei der „Servicestelle Arbeiten und Leben“ oder beim Netzwerk „Erfolgsfaktor Familie“.

Ich spreche viel über das, was mich im positiven Sinn bewegt. Wie Du Dir allerdings sicherlich denken kannst, ist natürlich auch als Nachfolger und Unternehmer nicht immer alles eitel Sonnenschein. Mich hat ein Beitrag von Vanessa Weber auf Impulse.de darauf gebracht, auch mal ein paar Worte zu den dunklen Seiten dieser Rolle zu verlieren.

Motivation kommt von innen…

Wenn Du meinen Podcast hörst oder meinen Blog liest, weißt Du, dass ich Motivation für etwas halte, was von innen kommt. Es spielt keine Rolle, ob es dabei um Dein Team oder Dich geht.

Allerdings kann auch bei Dir etwas von außen kommen, und das ist Demotivation. Dazu habe ich einige Beispiele, Dir mir selbst begegnet sind:

Wenn Du ständig in Deiner Rolle hinterfragt wirst, stellst Du Dir vielleicht des Öfteren die Frage, was das ganze soll – als leitender Angestellter irgendwo wärst Du niemals derart im Fokus und könntest genauso gut, vielleicht noch besser, verdienen. Erschwert wird es noch, wenn Du selbst genau das Gegenteil tust, und im Zweifel lieber annimmst, dass Dein Gegenüber weiß, was er oder sie tut. Es ist nie leicht, wenn eigene Regeln nicht für einen selbst gelten.

Ein anderes Beispiel ist das sog. Imposter-Syndrom. Wer diesen Begriff googelt, findet dazu viele Einträge und Berichte. Im Prinzip besagt es, dass Du Dir, insbesondere dann, wenn es sehr gut läuft, oftmals selbst wie ein Betrüger vorkommst. Dann denkst Du Dir „meine Güte, so viel hab ich jetzt auch nicht getan, wie kann das so gut laufen…hoffentlich merkt keiner, dass ich es auch nicht wirklich besser weiß“, oder so ähnliche Gedanken. Dieses Denken kann stark an Deiner Motivation nagen – schließlich gibt es für Nachfolger und Unternehmer eher selten Feedback von außen zur eigenen Leistung und den Erfolgen.

…Demotivation von außen

Vergleichsmaßstäbe sind ein weiteres Beispiel dafür, wie Deine Motivation rapide sinken kann. In den Gruppen, in denen Du Dich berufsbedingt aufhältst, ist immer jemand (und ehrlich gesagt, meist kommt es Dir so vor, als seien es alle), der mehr drauf hat und erfolgreicher ist, als Du. Durch diesen zu Deinen Ungunsten ausgehenden Vergleich wirst Du weiter verunsichert. Allerdings weißt Du natürlich nie, wieviel Wahrheit Du von Deinem Gegenüber bekommst – viele Menschen sind einfach unehrlich in dieser Hinsicht, ob aus guten oder schlechten Gründen spielt keine Rolle. Der Effekt ist aber, dass Du immer weitere Anlässe zur Selbstkritik findest.

Alle genannten Beispiele haben gemeinsam, dass es Dir in Deiner Rolle an direkten, Dir wohlgesonnenen Feedbackgebern fehlt. Das ist normal, alleine statistisch. Die Selbständigenquote in Deutschland liegt bei etwa 10,5%, davon etwas mehr als die Hälfte Soloselbständige. Damit scheiden also rund 95% der Bevölkerung aus, wenn es um qualitatives Feedback geht.

Ein Patentrezept kann ich nicht bieten. Alle genannten Punkte treten bei mir mehr oder minder regelmäßig auf. Ich versuche, ihnen entgegen zu wirken, indem ich eine Mentorin in Anspruch nehme. Auch Partner oder Partnerin kann helfen, je nach Situation allerdings auch nur begrenzt. Bei Freunden ist es ähnlich, auch darüber habe ich bereits gebloggt – es ist schwer, die Situation eines anderen zu verstehen, wenn man sie nicht nachempfinden kann.

Mein wichtigster Tipp ist es, im eigenen Unternehmernetzwerk ein oder zwei Menschen zu finden, denen Du vertraust. Diese verstehen Deine Situation und öffnen sich auch Dir. So bekommst Du Feedback und siehst, dass auch andere sprichwörtlich „nur mit Wasser kochen“.

Einsamkeit

Das passt auch gut als Überleitung zum zweiten Punkt, der Einsamkeit.

Mit Menschen sprechen, unter Umständen auch mit vielen Menschen, ist Teil Deines Jobs. Das heißt aber nicht, dass Du auch ein echtes Verhältnis mit ihnen hast. Ganz im Gegenteil, es ist genauso, wie schon bei der Motivation beschrieben. Es gibt wenige, die Deine Herausforderungen verstehen, und davon ist auch nur ein geringer Teil für Dich als echter Freund oder echte Freundin passend. Die allermeisten Bekanntschaften sind genau das: Oberflächliche Bekanntschaften.

Nun kommt noch ein wichtiger Punkt dazu. Du wirst ja nicht in dieser Rolle geboren. Du hast ja vorher auch schon Freunde gehabt. Viele davon auch schon ein Leben lang. Du hast Partner oder Partnerin. Und trotzdem wirst Du oft einsam sein, weil Dir die Energie fehlt, im Gespräch all die Basisarbeit für gegenseitiges Verständnis zu legen, die erforderlich wäre, um sich wirklich gut auszutauschen. Manchmal führt das sogar dahin, dass langjährige Freundschaften zerbrechen. Ohne gemeinsame Basis ist das auch kein Wunder – das macht es nur leider nicht weniger schmerzhaft.

Es ist ein bitteres Gefühl zu wissen, dass Du alles gegeben hast und es dennoch nicht verhindern konntest. Denn der Preis wäre unter Umständen Dein Lebenstraum, Dein Team oder Deine Überzeugung gewesen. Gegen diese Bitterkeit habe ich kein Gegenmittel für Dich. Aus jüngster Erfahrung kann ich aber eines sagen: Bei den richtigen Menschen kann es wichtig sein, Deine persönliche Energiegrenze zu überschreiten und doch noch einmal viel zu erklären. Oder einfach mal darüber zu sprechen, wie Du Dich fühlst.

Ich finde, es ist wichtig, auch über diese schmerzhafte Seite zu sprechen. Alles andere wäre unehrlich und erlaubt es auch nicht, sich dabei zu helfen.

Zeit, und der Umgang damit

Lass uns abschließend noch ein wenig über Zeit sprechen. Es geht mir nicht darum, Dir zu erzählen, dass Du viel arbeiten musst. Ich denke, das sollte kein großes Geheimnis sein.

Allerdings führt Dich Deine operative Aufgabenlast, plus die Anforderungen Deiner Rolle als Nachfolger und Unternehmer zusätzlich, oft in ein Dilemma. Mir geht es sehr oft so. Der Kalender ist voll, die Aufgabenliste ebenso – selbst wenn die Prioritäten operativ klar sind, und Du alles in den „regulären“ Bürozeiten erreichst, kommen dennoch alle zwei Tage Einladungen zu hochkarätigen Networkingevents diverser Organisationen, zu spannenden Vorträgen oder tollen Weiterbildungsangeboten. Oh, und Du hast ja vielleicht noch Freunde und Familie. Alles in allem läuft es darauf hinaus, dass Du niemals alles wirst wahrnehmen können. Du wirst immer wieder Events verpassen, obwohl sie für Dein Business wichtig sind. Du wirst Dich mit Partner oder Partnerin um gemeinsame und eigene Zeit streiten, und viel seltener mit Freunden etwas unternehmen können, als Du gerne möchtest.

Zeit wird also zur wertvollsten Ressource, und dummerweise ist sie auch noch immer gleich. Du bekommst nie mehr, als Du hast. Das daraus resultierende Gefühl kann ich nur als frustrierend beschreiben. Obwohl mir intellektuell klar ist, dass ich nicht alles tun kann, nicht überall dabei sein kann, nicht allen gleich viel geben kann, obwohl ich das klar verstehe, bin ich oft unglaublich frustriert. Denn mich lässt das Gefühl nicht los, nicht doch etwas wichtiges zu verpassen, eine einmalige Chance, wenn ich nicht noch an diesem einen Event zusätzlich teilnehme, nicht diesen Skill lerne oder an dieser Idee forsche.

Ich vermute, ein Profi wie bspw. Ivan Blatter würde jetzt erst recht sagen „nimm Dir Zeit für Hobbys und Freunde“. Auch das verstehe ich intellektuell. Nur habe ich noch nicht für mich die emotionale Verknüpfung herstellen können. Die Konsequenz ist, dass ich tatsächlich kaum etwas anderes tue, als mein Business. Ich habe zurzeit kaum Hobbys, die mir Freude bereiten und nehme mir auch nicht die Zeit, eines zu finden – denn dazu müsste ich Dinge ausprobieren, für die mir die Zeit zu schade ist. Mit Freunden unternehme ich ab und zu etwas, allerdings viel seltener, als gut wäre. Die Organisation, die Verantwortung es zu tun, ist oft einfach zu viel. Nicht, weil ich diese Menschen nicht schätze, ganz im Gegenteil. Sondern weil ich permanent in Zeitnot und unter einem Mangel mentaler Kapazität  bin.

Auf der Habenseite bedeutet das natürlich, dass ich (hoffentlich) viel seltener als andere Menschen Zeit verschwende. Ich plane und manage meine Zeit sehr genau und bin mir deshalb auch genau bewusst, wofür ich sie ausgebe. Das alleine reicht aber nicht, um dem beschriebenen Gefühl entgegen zu wirken.

Ein Blick hinter die Fassade

Das war jetzt viel aus dem Nähkästchen geplaudert, und auch sehr offen. Bitte versteh diesen Text nicht falsch, sondern ordne ihn in den richtigen Kontext ein. Ich glaube fest daran, dass Wissen das beste Mittel gegen Vorurteile ist. Deshalb möchte ich mit meinem Podcast und meinem Blog ein ehrliches und umfassendes Bild für Nachfolger und Unternehmer zeichnen. Dazu gehört es in meinen Augen auch, einen Blick auf die dunklen Seiten, die alles im Leben hat, zu werfen.

Das heißt aber nicht, dass ich Dir davon abraten will. Im Gegenteil. Das Saldo ist absolut positiv. Ich kann mir nicht vorstellen, mit jemandem zu tauschen. Die Möglichkeit, Themen, die mir wichtig sind, zu bewegen, Menschen weiter zu entwickeln und in einem unglaublichen Team mitzuwirken, das möchte ich nicht missen. Und es übertrumpft die negativen Seiten ganz locker. Sie deshalb verschweigen halte ich dennoch für falsch.